Historische Mühlen zählen zu den markantesten technischen Denkmalen. Ihren Erhalt verdanken sie nicht zuletzt der großen Faszination, die ihre einfache Mechanik bis heute ausübt. Jährlich am Pfingstmontag veranstaltet die Deutsche Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung den Deutschen Mühlentag, an dem inzwischen mehr als tausend Mühlen besichtigt werden können.

Denkmalschutz und Mühlenromantik
Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert waren die Folgen der Industriellen Revolution auch in Deutschland unübersehbar, nicht nur die Städte, auch die Landschaften veränderten sich. Der wachsende Widerstand gegen die Industrialisierung wurde zu einer Wurzel der Heimatschutzbewegung, die sich 1904 im „Heimatschutz-Bund“ organisierte. Erhalten werden sollte das „Natürliche, das Volkstümliche und das Heimatliche“, und man wollte die „deutsche Heimat mit ihren Denkmälern und der Poesie der Natur vor weiterer Verunglimpfung schützen“ (Aufruf zur Gründung eines Bundes Heimatschutz 1903, Deutscher Heimatbund 1954, S.62). Zeugnisse der vorindustriellen Produktionsformen, allen voran die Wind- und Wassermühlen, wurden zum Synonym bzw. Symbol der „heilen“ Welt und gerieten folgerichtig schnell ins Blickfeld des Heimatschutzes. Aus dem „Mühlensterben“ erwuchs eine bis heute andauernde „Mühlenromantik“.

Wie viele Mühlen es vor der Industriellen Revolution, als Dampfkraft und Elektroenergie die traditionelle Krafterzeugung durch Wind und Wasser ablösten, tatsächlich gegeben hat, ist nur für einzelne Regionen ermittelt worden, nicht aber für das ganze Land. Wahrscheinlich stellen die erhaltenen und in der Deutschlandkarte erfassten rund 1.700 Mühlen nur einen in Promille fassbaren Teil des ursprünglichen Bestandes dar (Karte 1).

Die Vielfalt historischer Mühlen
Am Beispiel der Mühlen lässt sich die Unzulänglichkeit tradierter Gliederungen Technischer Denkmale erkennen. Denn im Allgemeinen geht man davon aus, dass mit der Bezeichnung „Mühle“ bereits eine wesentliche und vor allem eindeutige Information geliefert sei: Unter Berücksichtigung seiner Herkunft, Geschichte und Bedeutung geht das Wort „Mühle“ auf „mahlen“ und „Mehl“ zurück. Doch bei genauerer Betrachtung kann es sich bei einer Mühle nicht nur um eine Mahl-, sondern auch um eine Säge-, Schleif- oder Schneidemühle handeln, die mittels Göpel (mechanische Vorrichtung zur Erzeugung einer Antriebskraft durch Menschen oder Tiere) oder von Wind, Wasser, Dampf oder elektrischer Energie angetrieben wird (Glossar). Ebenso gut kann sich hinter dem Namen „Mühle“ auch ein Poch- oder Stampfwerk bzw. eine Erz-, Papier- oder Waidmühle verbergen.

Schon in der Antike lernte der Mensch den Gebrauch der Wasserkraft. Je nach Fließgeschwindigkeit und Gefälle des jeweiligen natürlichen Wasserlaufes, versuchte man durch den Einsatz ganz unterschiedlicher Wasserräder eine effiziente Energiegewinnung zu erreichen; durch Rückstauteiche und kanalisierte Wasserläufe optimierte man den Betrieb. Mit Schiffmühlen wurde versucht, die Kraft der Flüsse nutzbar zu machen. Auch im Zuge der Industrialisierung verzichtete man nicht auf die Nutzung der Wasserkraft, ersetzte aber die aus Holz und später aus Eisen gebauten Wasserräder durch effektivere Turbinen. Eine Technik, die bis heute in Wasserkraftwerken zur Erzeugung von Elektrizität Anwendung findet.

Bei der Windkraftausnutzung stellen die in den Wind drehbaren Bockwindmühlen die älteste Form dar; bei den moderneren Holländermühlen (ab 16. Jh.) ist nur der Kopf mit dem Flügelkreuz beweglich. Aufgrund des Klima- und Umweltschutzes erlebt die Nutzung der Windenergie derzeit eine regelrechte Renaissance. Doch diese technische Innovation stößt auf Widerstand, da die Windkraftanlagen und Windparks ländlich geprägte Kulturlandschaften zu Industrielandschaften überformen und damit einen „tiefen Eingriff ins Landschaftserleben“ darstellen und unmittelbar „Belange der Landschaftsästhetik“ berühren (Hasse/Denzer 2006, S. 150/151).

Die räumliche Verteilung der Mühlen
Die Deutschlandkarte dokumentiert noch erhaltene Mühlen, ohne zwischen deren ursprünglichen Funktionen zu unterscheiden (Karte 1). Aus der räumlichen Verteilung lassen sich dennoch wesentliche Informationen ablesen. Zunächst fällt auf, dass im Norden die wind- und in der Mitte und im Süden die wasserkraftgetriebenen Mühlen dominieren. Das lässt sich durch die topographischen Verhältnisse erklären: Im flacheren Norden ist die Ausnutzung der Windkraft effizienter, in den Gebirgen Mittel- und Süddeutschlands der Einsatz der Wasserkraft. Dass aber auch im Norden vor der Industrialisierung jede Möglichkeit der Nutzung der Wasserkraft wahrgenommen wurde, dokumentiert die Karte des mecklenburgischen Kreises Güstrow, wo noch im 19. Jahrhundert 62 Wassermühlen in Betrieb waren, von denen heute nur noch zwei erhalten sind (Karte 2).

Auffallend ist die hohe Mühlendichte im Ballungsraum zwischen Rhein und Ruhr oder in Sachsen. Hier setzte im 19. Jahrhundert bereits sehr früh die Industrialisierung ein, und entsprechend groß war das Engagement des Heimatschutzes um den Erhalt der vorindustriellen Zeugnisse. Im westfälischen Kreis Minden-Lübbecke, der sich aufgrund der zahlreichen Mühlen selbst „Mühlenkreis“ nennt, wird seit Mitte der 1990er Jahre die so genannte Westfälische Mühlenstraße touristisch vermarktet – ein etwa 300 km langer Rundkurs, der 43 größtenteils funktionsfähige Wind-, Wasser- und Rossmühlen sowie eine Schiffmühle auf der Weser vor Minden miteinander verbindet. Zudem befindet sich im Kreis auch der Sitz der 1987 gegründeten Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung (DGM).

BOCK, Sabine (2007): Das Technische Denkmal zwischen Natur- und Heimatschutz, Technikgeschichte und Museum. In: Gemeinsame Wurzeln – getrennte Wege? Über den Schutz von gebauter Umwelt, Natur und Heimat seit 1900. (= Arbeitsheft des LWL-Amtes für Denkmalpflege in Westfalen; 5). Münster.

DEUTSCHER HEIMATBUND (Hrsg.) (1954): 50 [Fünfzig] Jahre Deutscher Heimatbund: Deutscher Bund Heimatschutz. Neuss am Rhein.

DGM (Deutsche Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung) (Hrsg.) (2010): Mühlen in Deutschland.
URL:
http://www.muehlen-dgm-ev.de/pages/index.php
Abrufdatum: 07.04.2010.

G. D. Reymann’s topographische Spezialkarte von Mittel-Europa, Blätter 25, 26, 41,42. Glogau: Flemming 1875.

HASSE, Jürgen; unter Mitarbeit von Vera DENZER (2006): Windkraftanlagen und der Kampf um die Landschaft. In: Leibniz-Institut für Länderkunde (Hrsg.): Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland. Band 12 Leben in Deutschland. Mithrsg. von Heinritz, G., Lentz, S. u. S. Tzschaschel. München, S. 150-151.

HUBEL, Achim (2006): Denkmalpflege. Geschichte, Themen, Aufgaben; eine Einführung. Stuttgart.

KREIS MINDEN-LÜBBECKE (Hrsg.) (2005): Mühlen in Deutschland [Karte]. Minden.

MASTALER, Wilhelm (1990): Die Wassermühlen des Kreises Güstrow und ihre Geschichte. Ms.

Bildnachweis:
Bockwindmühle „Wolkwitz“ in Niederglaucha (Gemeinde Zschepplin im Landkreis Nordsachsen) während des Deutschen Mühlentages 2009.
In der 1748 erbauten Mühle wurde noch bis 1950 Mehl gemahlen. Heute dient die 1983 rekonstruierte und seitdem wieder windgängige Mühle zum Futterschroten.
© V. Bode

Die Wassermühle mit Wohnhaus in Kuchelmiß an der Nebel.
© Niteshift (talk)
URL
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Kuchelmiss_Wassermuehle_2009-07-15_012.jpg&filetimestamp=20090715171928
Abrufdatum 19.05.2010

Zitierweise:
BOCK, Sabine (2010): Historische Mühlen In: Nationalatlas aktuell 4 (06.2010) 5 [19.05.2010]. Leipzig: Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL).
URL:
http://aktuell.nationalatlas.de/Muehlen.5_05-2010.0.html

Prof. Dr.-Ing. Sabine Bock
(Architekturhistorikerin und
Denkmalpflegerin)
Wallstraße 46
19053 Schwerin
Tel. (0385) 5814889
E-Mail: sabine.bock@thv.de

Ausgewählte Mühlentypen unterschiedlicher Antriebsarten

Bei der Bockwindmühle, dem ältesten Windmühlentyp Europas, steht das gesamte Mühlenhaus mit dem Flügelkreuz auf einem dicken Pfahl (dem so genannten Bock), das mittels Hebel in den Wind gedreht werden kann.

Die Holländermühle stellt eine Weiterentwicklung der klassischen Windmühle dar, bei der lediglich der Kopf mit dem Flügelkreuz beweglich ist.

Im Unterschied zur Bockmühle, wurde bei der neueren Kokermühle die Mühlenmechanik sowie das Mühlenhaus in den Mühlensockel verlagert.

Eine Paltrockmühle ist eine abgewandelte Bockwindmühle, bei der sich das Mühlengebäude auf einen Rollenkranz befindet.

In Deutschland sind nur sehr wenige Radwindmühlen erhalten. Zu ihnen zählt beispielsweise die Radwindmühle in Eckartsberga in Sachsen-Anhalt. Bei dieser Mühle handelt es sich um eine Turmwindmühle, die anstelle der herkömmlichen vier Flügel ein Turbinenwindrad aufweist, bestehend aus einem zehnspeichigen Windrad mit Jalousieklappen bestückt.

Bei der Ross- oder Göpelmühle kamen anstelle von Wind- oder Wasserkraft Pferde bzw. Ochsen und Kühe zum Einsatz. Eines der bekanntesten Beispiele findet sich im Hof der sächsischen Augustusburg.

Bei der Schiffmühle, die nicht zuletzt aufgrund der Schifffahrt weitestgehend verdrängt wurde, handelt es sich um eine Wassermühle, bei der sich die Technik, das Wasserrad sowie das Gebäude auf einer schwimmenden Plattform befinden. Zu diesem heute sehr seltenen Mühlentyp zählen beispielsweise die Schiffmühle auf der Weser bei Minden sowie die Schiffmühle auf der Mulde in Höfgen bei Grimma.

Eine Turmwindmühle zeichnet sich durch ein zylindrisches und turmartiges Mühlengebäude aus Stein aus.

Wassermühlen werden von einem durch fließende Gewässer bewegten Wasserrad angetrieben. Entsprechend der Aufschlaghöhe des Wassers unterscheidet man ober-, mittel- und unterschlächtige Wassermühlen. Mit der Industrialisierung kam es zur Einführung von Turbinen.