Alljährlich richtet sich im Frühjahr das Interesse der Öffentlichkeit auf das beliebte Frischgemüse Spargel, dessen Anbau und Konsum in Deutschland in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich zugenommen haben. Der Trend zu gesundheitsbewusster Ernährung, Frische und Saisonprodukten regionaler Herkunft hat dem Spargelanbau neuen Auftrieb gegeben. Auch Innovationen in Anbau und Logistik, ein professionalisiertes Marketing seitens der Erzeuger, des Handels und der Gastronomie, sowie die Suche landwirtschaftlicher Betriebe nach Einkommensalternativen haben zur Expansion des Spargelanbaus beigetragen. In Europa ist Deutschland der wichtigste Markt für Bleichspargel, dessen dynamische Entwicklung Impulse auf den Anbau dieser Sonderkultur im In- und Ausland ausgeübt hat. Diese traditionelle Stellung hat ihren Ursprung bereits im 19. Jahrhundert, als sich in Deutschland die Konsumkultur des Bleichspargels entwickelte.
Nach aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamtes (2014) nahm der Spargelanbau in Deutschland 2013 eine Fläche von mehr als 24.000 Hektar ein, darunter gut 19.300 ha im Ertrag befindliche Anlagen, der Rest Neuanpflanzungen. Die von insgesamt ca. 2.100 Betrieben mit Spargelertragsflächen erzielte Ernte überschritt eine Gesamtmenge von 100.000 Tonnen, was eine Flächenproduktivität von durchschnittlich 5,25 Tonnen je Hektar ergibt, die jedoch regional variiert (Karte 2). Damit ist der Hunger deutscher Konsumenten auf Spargel noch nicht einmal gestillt, denn bereits vor Beginn und auch während der heimischen Spargelsaison wird das Gemüse aus anderen Ländern importiert (z.B. Griechenland, Spanien, Niederlande, Peru).
Naturräumliche Standortbedingungen
Spargel ist eine kapital- und arbeitsintensive Dauerkultur, die bis zu zehn Jahre bewirtschaftet wird, besondere Fachkenntnisse voraussetzt und spezifische Anforderungen an die Standortbedingungen stellt. Der Anbau ist an leichte, steinfreie Böden gebunden, die sich relativ leicht erwärmen und ein gutes Aufwachsen der Spargeltriebe in den eigens angehäuften Spargeldämmen erlauben. Immer weiter verbesserte Anbautechniken, wie z.B. das Abdecken der Spargeldämme mit Folien, erleichtern die Kontrolle der Wachstumsbedingungen, die jedoch trotz allem unter erheblichen Witterungseinflüssen stehen, wie sich an den typischen Schwankungen der Saisonzeiten, Erntespitzen und Preise erkennen lässt. Diese besonderen Anforderungen an natürliche Standortbedingungen und Fachkenntnisse haben zur Ausprägung räumlicher Schwerpunkte des Anbaus geführt. Ein Blick auf die aktuelle Verbreitung der Spargelanbaugebiete in Deutschland (Karte 1) zeigt die Gebundenheit an Standorte mit leichten Böden in den Altmoränenlandschaften des Norddeutschen Tieflands, am Niederrhein und im Oberrheingraben. Viele von Natur aus eher nährstoffarme und weniger ertragreiche Standorte für die Landwirtschaft konnten dank des Spargelanbaus aufgewertet werden. In Mittelgebirgsregionen ist Spargelanbau kaum vorzufinden und auf kleine Gunststandorte in Beckenlagen beschränkt. Eine kleinräumige Verbreitung des Anbaus ist darüber hinaus in Bayern zu finden, wo Spargel als regionale Spezialität geschätzt und mit geschützten geographischen Angaben der EU gekennzeichnet wird. Spargel aus bestimmten Herkunftsgebieten hat einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt, wie z.B. der Nienburger Spargel (Landkreis Nienburg in Niedersachsen) oder der Füchtorfer Spargel in der Münsterländer Bucht (Nordrhein-Westfalen).
Ursachen für die Expansion
Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind die führenden Spargelanbauländer (Karte 2 u. Grafik): In der relativ großen länderübergreifenden Anbauregion ragen vor allem die Landkreise Diepholz, Nienburg, Minden-Lübbecke und Warendorf als Hochburgen des Spargelanbaus hervor (Karte 3). Das aktuelle Verbreitungsmuster ist ein Ergebnis der jüngeren Wachstumsdynamik des Spargelanbaus auch außerhalb der traditionellen Anbauschwerpunkte Niedersachsens. Nachdem die Anbauflächen seit dem Niedergang der Braunschweiger Konservenindustrie und dem Konsumeinbruch während des Zweiten Weltkriegs rückläufig waren und bis in die 1980er Jahre hinein stagnierten, haben seit Anfang der 1990er Jahre mehrere Faktoren für eine Trendwende gesorgt und geradezu einen Boom des Spargelanbaus ausgelöst (erst seit 2005 zeichnet sich eine gewisse Sättigung ab).
Zu den Bestimmungsfaktoren gehört insbesondere die Verfügbarkeit ausländischer Saisonarbeitskräfte, vor allem aus Polen. Auch die innovative Entwicklung der Anbautechniken, einschließlich neuer Erntehilfen, hat eine Begrenzung der Produktionskosten und den Einstieg größerer Betriebe in den Spargelanbau begünstigt. Die dynamische Flächenausweitung wird von einem Strukturwandel der Spargelbetriebe begleitet, sodass gegenwärtig zu unterscheiden ist zwischen den traditionell in den Anbaugebieten vertretenen Kleinbetrieben und den an Bedeutung gewinnenden Großbetrieben, die auf eine überregionale Vermarktung ausgerichtet sind. In einigen Anbaugebieten Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens, insbesondere aber in den jüngeren Anbauschwerpunkten der neuen Länder, wie z.B. bei Beelitz in Brandenburg (Karte 1), sind sehr ausgedehnte Anlagen entstanden, und zwar mit deutlich größeren Ertragsflächen als in den vorherrschenden Kleinbetrieben in Süddeutschland (Karte 2).
Steigender Wettbewerb
Um dem zunehmenden Wettbewerb auf dem Massenmarkt zu begegnen, setzten besonders die kleineren Anbieter auf besondere Qualitäten, differenzierte Vermarktungskonzepte und regionale Herkunft. Spargel als hochwertiges und nur sehr begrenzt lagerfähiges Produkt hat im Zuge der Entwicklung verschiedener Formen der Direktvermarktung eine wichtige Rolle gespielt. Mit dem direkten Absatz von Spargel an die Kunden beispielsweise in Hofländen, an Straßenständen, auf Wochenmärkten und in Gastronomiebetrieben können viele Landwirte zudem deutlich mehr Geld verdienen. Davon profitieren insbesondere günstig gelegene Betriebe in der Nähe größerer Städte und Verkehrsachsen. Die Organisation von Spargelfesten zum Saisonauftakt, die Ausweisung von Spargelrouten und Kooperationen beim Presseauftritt lenken die Aufmerksamkeit auf das beliebte Gemüse. In der überregionalen Vermarktung in Deutschland nimmt die Obst- und Gemüse-Absatzgenossenschaft in Bruchsal eine herausragende Rolle als Leitmarkt ein.