In Deutschland gibt es aktuell 775 Gemeinden zwischen 2.500 und 10.000 Einwohnern mit Stadttitel, in denen insgesamt fast 4,7 Millionen Menschen leben. Mit Blick auf die Ausstattung mit einer Kreisverwaltung, einem Amtsgericht, einem Gymnasium oder einem Krankenhaus ergeben sich im zeitlichen Vergleich der Jahre 2001 und 2018 deutliche Veränderungen. Eine aktuelle Karte gibt einen deutschlandweiten Überblick und zeigt den zentralörtlichen Funktionswandel der Städte im Detail.

Kleinstädte mit ihren zentralörtlichen Funktionen sind ein wichtiger Bestandteil der Versorgung und somit der Lebensqualität im ländlichen Raum. In einer Studie hat sich das Leibniz-Institut für Länderkunde mit den Veränderungen von zentralörtlichen Funktionen in Kleinstädten zwischen 2001 und 2017/18 beschäftigt. Der im Jahr 2018 veröffentlichte Beitrag „Kleinstädte im Wandel“ verweist dabei auf erhebliche Veränderungen der zentralörtlichen Funktionen in den Städten zwischen 10.000 und 20.000 Einwohnern (Bode/Hanewinkel 2018). Im zweiten Teil geht es jetzt um die Städte zwischen 2.500 und 10.000 Einwohnern (Glossar).

Ausgangsbasis für die Ermittlung der Veränderungen ist eine Untersuchung der Kleinstädte für das Jahr 2001, die im Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland, Band Dörfer und Städte, 2002 veröffentlicht wurde (Bode/Hanewinkel 2002, Karte S. 19). Damals wurden für die Kleinstädte fünf zentralörtliche Funktionen mit zentraler Bedeutung für die Versorgung der Bewohner erhoben: Kreissitz, Amtsgericht, Gymnasium, Volkshochschule und Krankenhaus. Bei der jetzigen Betrachtung der Veränderungen wurden nur vier dieser Funktionen einbezogen. Wie sich im Verlauf der Studie zeigte, hat es im Bereich der Volkshochschulen so starke strukturelle Veränderungen gegeben, dass sich die Daten nicht mehr aussagekräftig miteinander vergleichen lassen. Aus diesem Grund ist die Karte 1 aus dem Beitrag „Kleinstädte im Wandel“ (mit Volkshochschulen) hier nochmal unter den neuen Vorzeichen als Karte 2 (ohne Volkshochschulen) erstellt worden.

Auf den ersten Blick – das räumliche Verteilungsmuster
Anders als bei den Städten zwischen 10.000 und 20.000 Einwohnern, die relativ gleichmäßig über Deutschland verteilt sind (Karte 2), gibt es bei den Städten zwischen 2.500 und 10.000 Einwohnern Regionen, in denen diese fast nicht vorkommen (Karte 1). Im Saarland finden sich keine und in weiten Teilen von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen sowie im südlichen Bayern nur wenige Städte dieser Größenklasse. Das war auch im Jahr 2001 schon so. Eine Ursache dafür liegt sicherlich in den Gemeindegebietsreformen, die in den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts durchgeführt wurden. Gegenüber dem Jahr 2001 hat sich allerdings die Gesamtzahl dieser Kleinstädte ebenfalls kaum verändert. 782 Städte waren es 2001 und 2018 sind es 775.

Das bedeutet aber nicht, dass es keine weiteren Veränderungen gegeben hat. Von insgesamt 139 betroffenen Städten gibt es beispielsweise 13, denen in diesem Zeitraum erst der Stadttitel verliehen wurde. Dagegen haben 7 Städte ihr Stadtrecht aufgegeben. Auch Wachstum und Schrumpfung haben zu Veränderungen beigetragen. So liegt die Einwohnerzahl von 26 Städten jetzt über der Schwelle von 10.000 Einwohnern, 33 sind durch Einwohnerverluste unter diese Grenze gefallen. Die meisten Veränderungen hat es aber durch Fusionen gegeben, nämlich 60. Die haben sich sehr unterschiedlich ausgewirkt. Manche Kleinstädte wurden in größere Städte eingemeindet, andere sind durch die Fusion zu einer neuen Stadt mit neuem Namen geworden, haben aber die Größenklasse nicht verlassen.

Was hat sich getan – der Funktionswandel im Detail
Mit Blick auf die untersuchten Funktionen zeigt sich, dass mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Städte unter 10.000 Einwohnern keine dieser Funktionen besitzen oder besaßen. Im Vergleich dazu sind es bei den größeren Kleinstädten nur knapp 9 Prozent (siehe im Vergleich die Karten 1 und 2). Bei weiteren 30 Prozent der diesmal betrachteten Städte hat es zwischen 2001 und 2018 keine Veränderung gegeben.

Die 31 Kleinstädte, die in den letzten 18 Jahren einen Bedeutungsgewinn, d.h. ein Plus dieser zentralörtlichen Funktionen erfahren haben, konzentrieren sich auf drei Regionen. Hierbei dominiert Rheinland-Pfalz mit 14 Städten. Es folgen der mitteldeutsche Raum mit 10 Städten, davon allein 7 in Sachsen und Schleswig-Holstein mit 4 Städten. Allen gemeinsam ist, dass diese Aufwertung durch die Funktion Gymnasium zustande kamen, wobei zwei sehr unterschiedliche Prozesse zum Tragen gekommen sind. In den westdeutschen Ländern ist der Zugewinn von Gymnasien zumeist politisch motiviert durch die Integration einer Oberstufe in eine bestehende Schule vonstattengegangen. In Mitteldeutschland dagegen sind es hauptsächlich auf private Initiative zurückgehende oder von kirchlichen bzw. kommerziellen Trägern initiierte Neugründungen von Gymnasien.

Die Städte, die eine oder mehrere Funktionen verloren haben, also einen Bedeutungsverlust erlitten, verteilen sich relativ homogen über Deutschland mit einer leichten Konzentration in Mitteldeutschland. Im Gegensatz zum Bedeutungsgewinn führte der Verlust verschiedener Funktionen zum Bedeutungsverlust. Es gingen ein Kreissitz, 27 Amtsgerichte, 33 Gymnasien und 26 Krankenhäuser verloren, was insgesamt zu 80 Bedeutungsverlusten führte. Dem gegenüber standen 33 neue Gymnasien/Oberstufen und 5 neue Krankenhäuser mit den oben beschriebenen 31 Bedeutungsgewinnen. Mit Hoya, Mellrichstadt und Nabburg mussten drei Städte jeweils einen doppelten Verlust von je einem Gymnasium und einem Krankenhaus verbuchen, in Niesky in Sachsen ging der Kreissitz durch die Kreisgebietsreform verloren.

Neben den auf Karte 1 und 2 dargestellten Kleinstädten gibt es in Deutschland weitere 110 Kleinstädte unter 2.500 Einwohnern, die hier nicht unerwähnt bleiben sollen, aber nicht dargestellt worden sind. Warum? 96 (annährend 85 Prozent) dieser Städte haben keine der untersuchten Funktionen, bei 9 weiteren gab es keine Veränderung. Bedeutet, dass die Aussagekraft bezüglich des Wandels sehr gering ist. Weiterhin hätte die Einbeziehung dieser Städte das an einigen Stellen ohnehin bereits sehr dichte Kartenbild weiter verdichtet und somit unnötig unleserlich gemacht.

Resümee
Letztendlich ist festzustellen, dass viele Kleinstädte, die hauptsächlich im ländlichen oder am Rande städtischen Raums liegen, ihrer Bedeutung für die Bewohner, durch die mehrheitlichen Verluste von Funktionen, immer weniger gerecht werden. Obwohl sich die Politik der Bedeutung des ländlichen Raums bei der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse durchaus bewusst ist, scheint es so, dass bislang wirtschaftliche Interessen bzw. Verschlankungsprozesse im staatlichen Handeln durch die Schließung von Krankenhäusern, Gymnasien und Amtsgerichten, den Anliegen der Bewohner entgegenstehen.

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Bode, Volker u. Christian Hanewinkel (2018): Kleinstädte im Wandel. In: Nationalatlas aktuell 12 (03.2018) 1 [22.03.2018]. Leipzig: Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL).
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Bode, Volker u. Christian Hanewinkel (2017): Leben in der kleinen Stadt. In: Bild der Wissenschaft. Oktober 2017, S. 70.

Bode, Volker u. Christian Hanewinkel (2002): Kleinstädte 2001. Stadtrechtsgemeinden < 20.0000 Einwohner. [Karte; zentralörtliche Funktionen]. In: Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland/ 5. – Dörfer und Städte / Institut für Länderkunde, Leipzig (Hrsg.). Mitherausgegeben von Klaus Friedrich, Barbara Hahn und Herbert Popp. – Heidelberg; Berlin: Spektrum Akademischer Verl., 2002, S. 18. URL:http://archiv.nationalatlas.de/wp-content/art_pdf/Band5_12-25_archiv.pdf

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URL: https://bildung-brandenburg.de/schulportraets/index.php?id=3&schuljahr=2017&kreis=&plz=15806&schulform=4&jahrgangsstufe=0&traeger=0&submit=Suchen
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Krankenhäuser:
DKTIG (Deutsche Krankenhaus TrustCenter Informationsverarbeitung) (Hrsg.) (2019): Krankenhausverzeichnis.
URL: http://www.deutsches-krankenhaus-verzeichnis.de/
Abrufdatum: Februar 2019.

Zitierweise
Hanewinkel, Christian (2020): Kleinstädte im Wandel II. In: Nationalatlas aktuell 14 (02.2020) 1 [11.02.2020]. Leipzig: Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL).
URL: http://aktuell.nationalatlas.de/kleinstaedte-1_02-2020-0-html/

Dipl.-Geogr. Christian Hanewinkel
Leibniz-Institut für Länderkunde
Schongauerstraße 9
04328 Leipzig
Tel: (0341) 600 55 150
E-Mail: C_Hanewinkel@leibniz-ifl.de

Auswahl der Kleinstädte
Grundlage für die Auswahl der Kleinstädte im Jahr 2018 war, ebenso wie bei der Studie aus dem Jahr 2001 (Bode/Hanewinkel 2002, S. 19), das jeweils aktuelle Gemeindeverzeichnis der Bundesrepublik Deutschland, herausgegeben von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder (StÄdBL).

Zum Zeitpunkt der umfangreichen Datenerhebung zu den Kreisverwaltungen, Amtsgerichten, Gymnasien und Krankenhäusern stand 2018 das Gemeindeverzeichnis mit dem Gebietsstand zum 31.12.2017 und dem Bevölkerungsstand zum 31.12.2015 zur Verfügung (StÄdBL 2018). Für die
Karte 1 wurden die Gemeinden berücksichtigt, die im Verzeichnis als „Stadt“ ausgewiesen waren und zwischen 2.500 und 10.000 Einwohner hatten.