Der Anteil des ökologischen Landbaus ist mit 6% aller landwirtschaftlichen Betriebe und dem gleichen Anteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland immer noch relativ gering, verzeichnet aber kräftige Zuwachsraten: Von 2010 auf 2011 wuchs die Zahl der Bio-Betriebe nach Angaben des Ökolandbau-Dachverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) von 21.942 auf 23.003, ein Plus von 4,8%.
Als besonders umwelt- und ressourcenschonende Wirtschaftsform genießt die ökologische Lebensmittelwirtschaft eine hohe gesellschaftliche Zustimmung. Die Verbraucher setzen sich zunehmend damit auseinander, welche Lebensmittel sie konsumieren wollen, und interessieren sich für die Herstellungszusammenhänge ihres Essens. Ginge es nach den Wünschen vieler Konsumenten, dann sollten Lebensmittel regional produziert, qualitativ hochwertig, sicher, ganzjährig verfügbar, fair gehandelt, nachhaltig – und billig sein. Alles zusammen geht allerdings nicht. Und so hoch die Qualitätsansprüche in Teilen der Bevölkerung sind, so wenig sind die Hintergründe der Nahrungsmittelerzeugung bekannt: zum Beispiel, dass auf die Landwirte, egal ob sie ökologisch oder konventionell wirtschaften, nur rund ein Fünftel der Verkaufserlöse im Lebensmitteleinzelhandel entfällt. Überhaupt herrscht in puncto Verbraucheraufklärung und Transparenz immer noch erheblicher Nachholbedarf.
Regionale Verteilung
Seit den 1970er-Jahren verzeichnet der ökologische Landbau ein stetiges Wachstum; der besonders dynamische Zuwachs der Betriebs- und Flächeneinheiten seit den 1990er-Jahren ist teilweise auf die Neuorientierung der ostdeutschen Landwirtschaft zurückzuführen.
Auf den beiden Deutschlandkarten zur räumlichen Verteilung der Betriebe des ökologischen Landbaus (Karte 1) und seiner Wirtschaftsflächen (Karte 2) fallen nahezu übereinstimmend drei regionale Schwerpunkte auf: der Süden vom Breisgau über Schwarzwald und Allgäu bis ins bayerische Voralpenland, die Mittelgebirge vom Westerwald und Taunus über Vogelsberg und die Rhön bis in den Thüringer Wald sowie der Nordosten Deutschlands mit großen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs.
Die Ursachen für die Herausbildung dieser regionalen Schwerpunkte sind vielschichtig. Neben naturräumlichen Faktoren wie Regionalklima und Bodengüte spielen auch betriebswirtschaftliche Gründe eine Rolle (Bichler/Lippert/Häring/Dabbert 2005). Nachfrage- und Einkommensstrukturen der Haushalte in den Regionen sind weitere Bestimmungsfaktoren. Ein weiterer Grund für die räumliche Konzentration alternativer Betriebe kann auch im nachbarschaftlichen voneinander Lernen im Sinne eines regionalen Know-how-Transfers liegen.
Die spezifischen Rahmenbedingungen sind differenziert zu betrachten und können von Region zu Region bzw. von Hof zu Hof durchaus verschieden sein: Ursprünglich aus Südwestdeutschland stammt die Philosophie einer biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise mit strengen Anbau- und Aufzuchtkriterien, die eng mit dem Namen bzw. dem Verband Demeter verbunden ist. Das verfügbare Einkommen der Bevölkerung ist dort im Mittel höher, zumal wenn man die Nachbarn aus der Schweiz als Konsumenten mit einbezieht. Weiter östlich, im Allgäu und im bayerischen Voralpenland, gibt es viel Grünland, auf dem zumeist Milchkühe gehalten werden. Die Umstellung auf Ökolandbau fiel den Grünlandbetrieben in der Regel leichter als den Ackerbaubetrieben, da sie näher an den Zielen des Ökolandbaus wirtschaften. So wird beispielsweise auf Wiesen kaum Kunstdünger aufgebracht. Außerdem lässt sich eine Umstellung auf extensive Weidewirtschaft mit relativ geringen Investitionskosten umsetzten. Grünland findet man zumeist auf ertragsärmeren Böden und in klimatisch ungünstigeren Lagen, wo Ackerbau weniger rentabel ist.
Letzteres gilt auch für einige Mittelgebirgslagen, wo auf dem Grünland jedoch häufiger Mutterkuhherden statt Milchvieh zu finden sind (Foto). Die Ausweisung von Naturschutzgebieten hat häufig nur dann einen positiven Effekt, wenn der Schutzstatus einer ökologischen Bewirtschaftung nicht entgegensteht. Im Biosphärenreservat Rhön beispielsweise wird schon seit mehr als zwei Jahrzehnten nachhaltiges Bewirtschaften praktiziert.
Die deutliche Konzentration des Ökolandbaus in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg mit einem Betriebsanteil von über 15 bzw. 12 Prozent (Graphik) ist ein Hinweis darauf, „dass sich zunehmend auch Agglomerationsvorteile etwa in Form einer tragfähigen Vermarktungsinfrastruktur auf Kostenstrukturen im Markt niederschlagen“ (Handke/Glückler 2010, S. 83) und sich die Nähe zur Metropolregion Berlin positiv auszahlt.
Denken an morgen: Nachhaltigkeit
Allen Betrieben gemeinsam ist, dass jemand einen Impuls für die Umstellung auf Ökolandbau gegeben hat. Die Idee der nachhaltigen Wirtschaftsweise ist die ausschlaggebende Basis, erst danach kommen die hier kurz skizzierten Faktoren sowie weitere individuelle Motive zum Tragen. Nachhaltigkeit bedeutet, die gesamte Wertschöpfungskette, Umwelt und Ressourcen im Blick zu haben, um einen Ausgleich ökologischer, ökonomischer und sozialer Interessen anzustreben. Mit Blick auf die Ernährungssicherung bei knapper werdenden Rohstoffen wie etwa Erdöl oder Ausgangsprodukten der chemischen Düngemittelproduktion, ist es ratsam, die Idee der Nachhaltigkeit konsequent weiter zu denken.