Fast 13 Millionen Fußballzuschauer strömten in der Saison 2008/09 in die Stadien der höchsten deutschen Spielklasse – ein neuer Rekord in der 46-jährigen Geschichte der Bundesliga. Auch die Zahl der verkauften Dauerkarten erreichte mit 432.000 einen neuen Spitzenwert. Aktuelle Karten und Hintergrundinformationen verdeutlichen, wo und wie die steigende Zuschauerresonanz zustande kam. Ein Ranking mit überraschenden Spitzenreitern und Schlusslichtern.

Spielstätten und Zuschauerresonanz
Die großen und finanzstarken Traditionsvereine verfügen über die attraktivsten Spielstätten mit den höchsten Zuschauerkapazitäten. Zu den Spitzenreitern zählen die Stadien in Dortmund (Signal Iduna Park) mit einem Fassungsvermögen von 80.552, gefolgt von Berlin (Olympiastadion) mit 74.400 und München (Allianz Arena) mit 69.000 Plätzen. Am Tabellenende der 1. Liga rangierte die BayArena in Leverkusen mit einer Kapazität von 22.500 Besuchern (Karte 1).

Die Fassungsvermögen der Stadien sind erste Kennziffern für die potenziellen Zuschauerzahlen. Doch wie viele Zuschauer tatsächlich in die Stadien kommen und wie hoch die durchschnittliche Auslastung der Stadien ist, hängt vor allem von der Attraktivität der Begegnungen ab (Graphik 1). Eine Grundlage für erste Prognosen besteht bereits unmittelbar vor Beginn der jeweiligen Spielzeit: die Zahl der verkauften Dauerkarten. In der Saison 2008/09 verkaufte Borussia Dortmund mit 49.500 die meisten Dauerkarten, gefolgt vom FC Schalke 04 mit 43.935 und dem FC Bayern München mit 37.600, wobei die beiden letztgenannten deutlich mehr Dauerkarten hätten verkaufen können, aber zur Gewährleistung eines ausreichenden Kontingents für den freien Kartenverkauf einen Verkaufsstopp veranlassten. Durch die Dauerkarten hatte der FC Schalke 04 bereits eine Stadionauslastung von 71% erreicht (Karte 1). Der FC Bayern München kam auf einen Wert von 54%; Kontingente für Mitglieder, Vertragspartner sowie Gäste führten dazu, dass lediglich 17% der Karten in den freien Verkauf gelangten. Insgesamt war in der Bundesliga gut die Hälfte aller verfügbaren Plätze über Dauerkarten besetzt, in der 2. Bundesliga betraf dies nur gut ein Viertel.

Zählt man den freien bzw. übrigen Kartenverkauf mit hinzu, so ist der FC Bayern München Spitzenreiter bei der Auslastung des eigenen Stadions: Alle 17 Heimspielen waren restlos ausverkauft (ebenso alle Auswärtsspiele). Dies ist nicht überraschend, denn der Verein verfügt über die größte Anhängerschaft. Deutschlandweit gibt es knapp 2.500 Fanclubs mit mehr als 177.000 Mitgliedern. Ganz anders stellte sich die Situation für Hertha BSC und den FC Energie Cottbus dar. Die beiden Vereine nehmen – deutlich abgeschlagen – die letzten Plätze in der Tabelle der Gesamtauslastung der Erstliga-Stadien ein.

Noch vor zehn Jahren waren in der Bundesliga die Auslastungsquoten der Stadien deutlich geringer (Lambrecht 2000), was sich auch in der erheblich niedrigeren Zahl von insgesamt rund 10 Mio. Zuschauern in der Saison 1998/99 niederschlug (Graphik 1). Selbst der Rekordmeister FC Bayern München verzeichnete eine deutlich geringere Zuschauerresonanz und konnte bei seinen Heimspielen, damals noch im Olympiastadion, nur eine durchschnittliche Auslastung von rund 80% verbuchen.

Fußballfans auf Achse
Wenn am Wochenende durchschnittlich 380.000 Zuschauer die neun Begegnungen der Bundesliga besuchen, führt dies auch zu einem erheblichen Verkehrsaufkommen. Ein Großteil der Zuschauer kommt aus einem überregionalen Einzugsgebiet ins Stadion. Informationen einzelner Vereine über ihre Dauerkarteninhaber belegen dies: Anreisewege von 100 bis 150 Kilometern sind beispielsweise für Heimspiele von Eintracht Frankfurt oder Borussia Mönchengladbach nichts Ungewöhnliches. Zu Spielen des FC Bayern München legen diejenigen, die von außerhalb Münchens anreisen, sogar eine einfache Wegstrecke von durchschnittlich 250 Kilometer zurück (Unterhitzenberger 2004).

Karte 2 stellt den Versuch dar, anhand des letzten Bundesliga-Spieltags der Saison 2008/09, die Verkehrsbeziehungen exemplarisch zu verdeutlichen. Es handelt sich dabei um potenzielle Verkehrsströme, die auf den jeweiligen Gästekarten-Kontingenten (10% der Stadion-Kapazität) basieren. Für die neun Begegnungen am 23. Mai ergeben sich insgesamt 23,7 Mio. Personenkilometer (Pkm). Die höchste einzelne Beförderungsleistung wird dann erreicht, wenn der Hamburger SV beim FC Bayern München spielt: Für diese Begegnung ergeben sich fast 10 Mio. Pkm – im Vergleich dazu entspricht ein voll besetzter ICE 3 Hamburg-München rund 360.000 Pkm.

Ausblick auf die Saison 2009/10
Das Angebot 2009/10 hängt an erster Stelle von den in der Liga spielenden Vereinen und somit von konkreten Orten bzw. Stadien und deren Größe ab, seine Nutzung und die tatsächliche Nachfrage von der Bereitschaft der Fans, die Distanz zu diesen Orten zu überwinden. Durch die Stadien der Aufsteiger und die Erweiterung der BayArena in Leverkusen ergibt sich in der nächsten Saison ein maximales Angebot für 14.583.000 Zuschauer. Analog zur Auslastung in der Saison 2008/09 läge die zukünftige Zuschauerzahl der insgesamt 306 Erstliga-Spiele bei etwa 12,98 Mio. – ein Plus von 150.000 gegenüber der vergangenen Spielzeit.

Die von den Vereinen konstatierten Anreisedistanzen sind in Karte 3 als potenzielle Einzugsgebiete (100km-Radius) und 150-Straßenkilometer-Entfernungen eingetragen. So ergeben sich Gebiete mit hohem Angebotspotenzial und Ungunsträume. Am attraktivsten ist demnach die Rhein-Ruhr-Region, in der sechs Bundesligastadien gut zu erreichen sind, gefolgt vom Rhein-Neckar-Raum und der dünn besiedelten Lüneburger Heide mit jeweils vier erreichbaren Stadien. Ungunsträume entstehen jenseits von 150-Straßenkilometern durch die sehr langen Anfahrtswege. Betroffen sind hier große Teile Mitteldeutschlands zwischen Kassel, Leipzig, Görlitz und Plauen sowie periphere Gebiete, wie Nordfriesland, das südliche Oberschwaben und der Raum um Passau. An der Saar, im nördlichen Mecklenburg-Vorpommern und in der Lausitz lässt sich die Erstliga-Abstinenz durch Zweitliga-Heimspiele des 1. FC Kaiserslautern, des F.C. Hansa Rostock und des FC Energie Cottbus kompensieren – die anderen müssen „in die Röhre“ schauen.

DFB (Deutscher Fußball-Bund) (Hrsg.) (2009): Die Ligen. Bundesliga. Statistik: Zuschauer-Zahlen. Frankfurt a.M.
URL:
http://www.dfb.de/index.php?id=82912
Abrufdatum: 26.05.2009

DFL (Deutsche Fußball Liga) (Hrsg.) (2009): Clubs und Fassungsvermögen der Stadien der Bundesliga und 2. Bundesliga. Frankfurt a.M.
URL:
http://www.bundesliga.de
Abrufdatum: 26.05./02.06.2009

FC BAYERN MÜNCHEN AG (Hrsg.) (2009): Ticket–Situation Saison 2008/2009 (Stand 15.04.2009). München.
URL:
http://www.fcbayern.t-home.de/media/native/ticketing/ticketinfo250509.pdf
Abrufdatum: 08.06.2009

KICKER ONLINE (Hrsg.) (2009): Fußball: Bundesliga und 2. Liga. Vereine: Termine (Spielberichte der Saison 2008/09) und Stadien. Nürnberg.
URL:
http://www.kicker.de
Abrufdatum: 23.05.2009

LAMBRECHT, Christian (2000): Fußball – Volkssport und Zuschauermagnet. In: Institut für Länderkunde (Hrsg.): Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland Bd. 10 Freizeit und Tourismus. Mithrsg. Becker, C. und H. Job. Heidelberg, Berlin, S. 86-87.

UNTERHITZENBERGER, Stephanie Jasmin (2004): Fußball als kommerzielles Sportevent – die regionalökonomischen Effekte des FC Bayern München für die Stadt München. In: Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in München, Bd. 87, S. 183-208.

Angaben der Vereine: Die Angaben zu den verkauften Dauerkarten der Saison 2008/09 wurden dem Autor von den Vereinen zur Verfügung gestellt.

Zitierweise
Hanewinkel, Christian (2009): Die Fußball-Bundesliga – ein Zuschauermagnet. In: Nationalatlas aktuell 3 (06.2009) 5 [11.06.2009]. Leipzig: Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL).
URL:
http://aktuell.nationalatlas.de/Fussball.5_06-2009.0.html

Dipl.-Geogr. Christian Hanewinkel
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
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