Zertifizierung
Seit 2002, dem Jahr der Geowissenschaften, wird das Gütesiegel „Nationaler Geopark in Deutschland“ verliehen. Aktuell gibt es 14 zertifizierte Geoparks (Karten 1, 2 u. Tab. 1). Das Zertifikat erhalten Regionen mit einer besonderen naturräumlichen Ausstattung, die einem breiten Besucherkreis erlebbar gemacht werden soll. Dabei handelt es sich um besondere schützenswerte geologische Sehenswürdigkeiten, sogenannte Geotope, wie Felsen, Höhlen, Steinbrüche, Ton- und Kiesgruben, Seen, Maare oder Bergwerke. Sie geben Einblicke in die Erdgeschichte und damit auch in die Genese der Landschaften (Karte 3).
Die Zertifizierung erfolgt durch die GeoUnion Alfred-Wegener-Stiftung. Ein Geopark muss ein Alleinstellungsmerkmal, eine stabile Organisationsform, eine gesicherte Finanzierung und ein Leitbild ausweisen und garantieren, dass für den Zertifizierungszeitraum die Qualitätssicherung gewährleistet ist. Einen Anspruch auf einen besonderen Schutzstatus, wie das zum Beispiel bei Natur- bzw. Nationalparks der Fall ist, erheben Geoparks nicht. Dazu gibt es keine gesetzlichen Vorgaben oder Bestimmungen.
Die Abgrenzung eines Geoparks ist das Ergebnis eines umfangreichen Aushandlungsprozesses im Rahmen von Regionalkonferenzen und Workshops mit den betreffenden Kommunen, der in der Regel auf wissenschaftlichen Potenzialanalysen und Machbarkeitsstudien basiert. Geoparks werden oft nach Landschaften benannt, deren Namen sich aufgrund naturräumlicher oder historischer Bezüge eingebürgert haben. Karte 4, die auf der Grundlage der Karte „Namen und Abgrenzungen von Landschaften in der Bundesrepublik Deutschland“ von H. Liedtke (2003) erstellt wurde, verdeutlicht, dass die Geoparks jedoch häufig nicht mit den betreffenden Regionen übereinstimmen.
Ziele, Merkmale und Effekte
Geoparks bezwecken eine nachhaltige Regionalentwicklung. So stehen neben dem Geotopschutz die Entwicklung des Geotourismus und die Förderung von Wirtschaftsstrukturen in den Regionen im Vordergrund. Unter Geotourismus versteht man eine Entwicklungsstrategie in erster Linie für periphere Regionen, in denen sich der Schutz von Geopotenzialen wie der Geotope und der Tourismus gegenseitig positiv beeinflussen. Er zielt auf eine nachhaltige Nutzung des geologischen Landschaftspotenzials und der bereits vorhandenen Infrastruktur, basierend auf Interaktionen von Politik, Geowissenschaften und Tourismus ab (Megerle 2006).
Durch die touristische Inwertsetzung und Vermarktung der Region, ihrer landschaftlichen Ausstattung mit Flora und Fauna sowie ihrer Kulturgeschichte kommt es zu positiven Wechselwirkungen mit ansässigen Wirtschaftsunternehmen. Die Nachfrage nach Natururlauben und Kurzaufenthalten steigt in diesen Regionen. So wirkt der Geotourismus als Initiator für die Wirtschaftsentwicklung, indem das Hotel- und Gaststättengewerbe, die Entwicklung der Infrastruktur sowie Bildungs- und Kultureinrichtungen davon profizieren. Die Einrichtung von Geoparks setzt nicht nur soziale und wirtschaftliche Impulse, sondern fördert auch Netzwerke und eine enge Zusammenarbeit lokaler und regionaler Akteure wie Wissenschaftler, Politiker und Planungsverbände.
Das Konzept „Geologie zum Anfassen“ dient der verständlichen Wissensvermittlung regionaler geowissenschaftlicher und landschaftsgenetischer Zusammenhänge. Damit werden außerdem das Umweltbewusstsein und das Verständnis für die Schutzwürdigkeit der ausgewiesenen Landschaften gefördert. Der Besuch von Geoparks stärkt zudem die regionale Identität (Heimatbewusstsein) seiner Besucher.
Erst seit Ende der 1990er Jahre gibt es eine globale Bewegung zur Ausweisung von Geoparks. Inzwischen sind 100 Geoparks aus 29 Ländern Mitglied des Weltnetzes der Geoparks (Stand Sept. 2013; Deutsche UNESCO-Kommission). Aus Deutschland sind gegenwärtig sechs Regionen Mitglied im Weltnetz und im europäischen Netzwerk (Bergstraße-Odenwald, Harz-Braunschweiger Land-Ostfalen, Muskauer Faltenbogen, Schwäbische Alb, TERRA.vita, Vulkaneifel; Karte 1). International werden die Aktivitäten vom „Global Network of National Geoparks“ (GGN) der UNESCO und dem „Europäischen Geopark-Netzwerk“ (EGN) koordiniert.
Der Geopark „Porphyrland – STEINreich in Sachsen“ – ein neuer Geopark im Zertifizierungsverfahren
Im Nordwesten Sachsens werden seit Jahren Anstrengungen unternommen, um einen neuen Nationalen Geopark einzurichten. Sein Zertifizierungsverfahren läuft seit dem Sommer 2014. Am 17. Juni 2011 gründeten elf Kommunen den neuen Park, und am 30. April desselben Jahres erhielt er seinen Namen „Porphyrland – STEINreich in Sachsen“ (Karte 1).
Zentrales Alleinstellungsmerkmal ist der bis zu 400 Meter mächtige Porphyr in all seinen Variationen in der nordwestsächsischen Region. Der rote Rochlitzer Porphyrtuff wurde bereits 2006 von der heutigen Akademie für Geowissenschaften und Geotechnologien in Hannover in die Liste der 77 herausragenden „nationalen Geotope“ aufgenommen. Große Bereiche der Oberfläche im Geopark bestehen aus Vulkangestein in Gestalt von Granitporphyr, Pyroxenquarzporphyr oder Porphyrtuff. Als Baumaterial ziert der Rochlitzer Porphytuff viele historische Gebäude (z.B. steinerne Fensterrahmen, Säulen, Sockel, Pfeiler und Gesimse) in ganz Deutschland. Kaolin, als Verwitterungsprodukt des Porphyrs, ist ein wichtiger Rohstoff für die Keramik- und Porzellindustrie. Kleinere Braunkohlevorkommen wurden früher ebenfalls im Gebiet des Geoparks abgebaut. Sand- und Kiesvorkommen vervollständigen als Sedimente des Pleistozäns und Holozäns die Palette der Rohstoffe, die aus dem Geopark-Gebiet jahrhundertelang genutzt wurden. Somit ergibt sich eine enge Verbindung der Naturraumausstattung mit der Wirtschafts-, Kultur- und Kunstgeschichte der Region.
Der Geopark gibt Einblicke in über 300 Millionen Jahre Erdgeschichte der Region: von den in einer Periode starken Vulkanismus gebildeten Porphyrgesteinen, über die erst vor ca. 20 Millionen Jahren entstandene Braunkohle, bis zu den Sand- und Kiesablagerungen aus der Elster- und Saalekaltzeit sowie der heute fließenden Freiberger und Zwickauer Mulde einschließlich ihrer Nebenflüsse. An Geoportalen und Geopunkten sowie auf Georouten kann der Besucher die entsprechende Erd-, Landschafts- und Kulturgeschichte erleben und nachvollziehen.