Der Bevölkerungsanteil der jungen Erwachsenen liegt bei 7,3 Prozent – mit erheblichen regionalen Unterschieden. Am höchsten ist der Bevölkerungsanteil der 18- bis unter 25-Jährigen mit 13,1 Prozent in Heidelberg, der ältesten Universitätsstadt Deutschlands. Im Landkreis Spree-Neiße in der brandenburgischen Lausitz ist der Prozentsatz der jungen Erwachsenen dagegen mit nur 4,2 Prozent bundesweit am niedrigsten. Bei den jungen Frauen sind die regionalen Unterschiede sogar noch ausgeprägter: In Heidelberg ist jede siebte Einwohnerin (14,0 Prozent) zwischen 18 und 24 Jahre alt, im Landkreis Spree-Neiße dagegen nur jede 27. (3,7 Prozent).
Um diese Unterscheide besser abbilden zu können, wird in der aktuellen Karte der Lokationsquotient verwendet. Dieses statistische Maß vergleicht den Anteil der 18- bis unter 25-Jährigen in den 400 Landkreisen und kreisfreien Städten mit dem entsprechenden Anteil für Deutschland insgesamt. Werte größer als 1 deuten somit auf einen überdurchschnittlichen Anteil, also eine Konzentration, der jungen Erwachsenen in einem Kreis hin. Werte unter 1 zeigen, dass der Bevölkerungsanteil der 18- bis unter 25-Jährigen im betreffenden Kreis unter dem Bundesdurchschnitt liegt.
Stadt-Land- und Ost-West-Gegensätze
Bei der räumlichen Verteilung der jungen Erwachsenen fallen zwei übergeordnete Gegensätze auf: Stadt/Land und Ost/West (Karte 1). Tendenziell ist der Bevölkerungsanteil der jungen Erwachsenen in den kreisfreien Städten überdurchschnittlich. Gleiches gilt für Landkreise mit bedeutenden kreisangehörigen Universitätsstädten, wie beispielsweise Gießen, Göttingen, Konstanz, Marburg oder Tübingen. Die Konzentration der jungen Erwachsenen in Groß- und Universitätsstädten ist eine Folge des Zuzugs von Studierenden, Auszubildenden sowie Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern. Für die Metropolen, also die 15 größten Städte, gilt dieser Zusammenhang jedoch nur bedingt. Der Lokationsquotient liegt in den meisten Fällen nur leicht über dem Mittelwert. Ausnahmen sind insbesondere Leipzig, das sehr attraktiv für junge Frauen ist, sowie Berlin und Düsseldorf, wo der Anteil der jungen Männer sogar leicht unterdurchschnittlich ist. Es ist zu vermuten, dass das Niveau der Wohnungs- und Lebenshaltungskosten in den Metropolen für viele Studierende sowie Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger zu hoch ist.
In der Altersgruppe der 25- bis unter 30-Jährigen lässt sich dagegen eine gewisse Konzentration in den Metropolen feststellen. Kreisfreie Städte mit einem unterdurchschnittlichen Anteil junger Erwachsender sind eher die Ausnahme. Es handelt sich dabei zumeist um Industriestädte wie Wolfsburg, einzelne Städte im Bergischen Land und im Ruhrgebiet, insbesondere Mülheim an der Ruhr, sowie kreisfreie Mittelstädte wie Baden-Baden, Dessau-Roßlau, Neustadt an der Weinstraße oder Suhl.
Abgesehen von einigen strukturstarken Kreisen im Nordwesten und Süden Deutschlands, zeichnen sich die meisten Landkreise durch unterdurchschnittliche Anteile junger Erwachsener aus. Dieser durch altersselektive Abwanderung verursachte Stadt-Land-Gegensatz wird von einem Ost-West-Gegensatz überlagert. Die Karte zeigt deutlich die schwierige demographische Lage in den meisten ländlichen Räumen Ostdeutschlands. Überspitzt gesagt kann man diagnostizieren, dass diese Kreise nicht nur überaltert, sondern auch unterjüngt sind. Für die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist dies ein Warnzeichen: Einer großen Zahl von Beschäftigten, die in den nächsten 15 Jahren in Rente gehen, steht eine geringe und rückläufige Zahl von Nachwuchskräften gegenüber (Leibert 2021). Kurz- bis mittelfristig ist daher damit zu rechnen, dass freiwerdende Stellen nur schwer besetzt werden können und dadurch die wirtschaftliche Existenz einzelner Unternehmen bedroht ist. Besonders gering ist der Bevölkerungsanteil junger Erwachsender im strukturschwachen Süden Brandenburgs mit den Landkreisen Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz und Spree-Neiße.
Politischer Handlungsbedarf
In Kreisen mit geringen Anteilen junger Erwachsener und starken Abwanderungstendenzen besteht politischer Handlungsbedarf, bessere Lebensbedingungen und Zukunftsaussichten für junge Menschen zu schaffen. Zwar deutet sich an, dass sich in den letzten Jahren – und wohl auch aufgrund der COVID-19-Pandemie – die Wanderungsbilanzen vieler ländlicher und strukturschwacher Räume verbessert haben (Wolff/Leibert/Haase/Rink 2021, Wolff/Leibert/Haase/Rink 2022). Am bevölkerungsstrukturellen Nachwuchsmangel ändert dieser Trend zumindest kurzfristig nichts, da vor allem ältere Bevölkerungsgruppen zuwandern.