An den rund 33.000 allgemeinbildenden Schulen, die es derzeit in Deutschland gibt, sind fast 680.000 Lehrerinnen und Lehrer hauptberuflich beschäftigt. Der überwiegende Teil von ihnen arbeitet an Schulen im Sekundarbereich (ca. 60 Prozent), nahezu ein Drittel im Primarbereich und 10 Prozent an Förderschulen (Grafik 1).
Struktur des Lehrpersonals im Wandel
Seit Anfang der 1990er Jahre hat sich nicht nur die Struktur des Bildungswesens grundlegend gewandelt (Jahnke 2014), sondern auch diejenige des Lehrpersonals. Die Zahl der Lehrerinnen ist kontinuierlich gestiegen; gleichzeitig ist diejenige der männlichen Kollegen stetig zurückgegangen (Grafik 2), sodass der Männeranteil von 39 Prozent (1992) auf 27 Prozent (2017) abgesunken ist. An Grundschulen liegt er heute mit 11 Prozent besonders niedrig, wohingegen er an Gymnasien noch 40 Prozent beträgt.
Im selben Zeitraum hat auch das Phänomen der Teilzeitarbeit zunehmend Verbreitung gefunden – mit einem deutlichen Anstieg bis Mitte der 2000er-Jahre und einer nachfolgenden Stagnation (Grafik 2). Unter den hauptberuflichen Lehrkräften arbeiten heute nur noch 62 Prozent in Vollzeit und 38 Prozent in Teilzeit. Parallel hat sich die Zahl der stundenweise Beschäftigten auf etwa 84.000 nahezu verdoppelt.
Eine weitere Entwicklung ist der Ausbau und die Neugründung von nichtöffentlichen allgemeinbildenden Schulen, von denen es heute in Deutschland 3.635 gibt. Auch die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer hat sich seit 1992 nahezu verdoppelt, sodass mittlerweile jede zehnte Lehrkraft an einer Privatschule arbeitet (Grafik 2).
Im Vergleich zu den geschilderten drei Trends steht die Internationalisierung des Lehrkörpers heute erst am Anfang. Nur 1,4 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer sind in der Statistik mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit dokumentiert; mehr als drei Viertel von ihnen kommt aus einem EU-Land (Grafik 3).
Lehrkräftemangel
In den letzten Jahren wird ein Mangel an Lehrpersonal immer deutlicher erkennbar. Dieser betraf zunächst vor allem einzelne Fächer und Schultypen, hat sich aber in vielen Bundesländern zu einem strukturellen Lehrkräftemangel entwickelt (Klemm/Zorn 2018). Die Ursachen sind vielfältig: eine hohe Anzahl von Übertritten in den Ruhestand, ein unerwarteter Anstieg der Geburten- und Zuwanderungszahlen sowie die Einführung von Reformen wie Ganztagsschule, Inklusion und Integrationsklassen, die alle einen erhöhten Lehrbedarf mit sich bringen. Infolgedessen werden immer häufiger auch Lehrkräfte ohne abgeschlossene Ausbildung als Quer- oder Seiteneinsteiger eingestellt (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2018).
Altersstruktur
Die aktuelle Bedarfssituation unterstreicht die Notwendigkeit einer vorausschauenden Planung für die Ausbildung und Einstellung zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer. Eine geeignete Grundlage hierfür bietet die Altersstruktur der Lehrkräfte. Deren Darstellung als Alterspyramide verdeutlicht den künftigen Einstellungsbedarf und reflektiert zugleich die Bildungspolitik der Vergangenheit.
Die Schulexpansion seit den 1970er-Jahren und die zögerliche Einstellungspraxis der nachfolgenden Jahrzehnte führte dazu, dass jüngere Lehrkräfte vor 20 Jahren in den Schulen nur wenig vertreten waren (Freytag/Jahnke 2002). Demgegenüber ist die Altersstruktur in Bezug auf ganz Deutschland heute nahezu ausgeglichen (Karte 1: Alterspyramide für Deutschland). Anders verhält es sich mit der Geschlechterproportion, denn Lehrerinnen sind in allen Alterskohorten überrepräsentiert, insbesondere in der Gruppe der unter 30-Jährigen.
Auf der Länderebene zeigen sich auch drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung deutliche Ost-West-Unterschiede. Während die westdeutschen Bundesländer einen ausgeglichenen Altersaufbau haben, sind in den ostdeutschen Ländern die über 50-jährigen Lehrkräfte inzwischen deutlich überrepräsentiert. Entsprechend ist dort in den nächsten Jahren ein erhöhter Einstellungsbedarf zu erwarten, der durch ansteigende Schülerzahlen noch größer wird. In den meisten westdeutschen Bundesländern ist bei unveränderten Rahmenbedingungen hingegen eher mit einem gleichmäßigen Bedarf an neuen Lehrkräften zu rechnen.
Gegenüber dem Jahr 1998 hat sich das beschriebene Muster nahezu umgekehrt (Karte 1): Damals gab es in den ostdeutschen Ländern eine ausgeglichene Altersstruktur und in den westdeutschen Ländern überwiegend ältere Lehrkräfte. Dort wurde seitdem eine offensivere Einstellungspolitik verfolgt, während in Ostdeutschland aufgrund rückläufiger Schülerzahlen nur wenige junge Lehrkräfte eingestellt wurden.
Ausblick
Der aktuelle Mangel an Lehrpersonal wird durch kurzfristige Neueinstellungen nicht vollständig beseitigt werden können – insbesondere in ländlich-peripheren Regionen und städtischen „Brennpunktschulen“. Der steigende Bedarf wird die Wettbewerbssituation zwischen den Bundesländern, aber auch zwischen Schulbezirken und einzelnen Schulstandorten noch verstärken. Eine zukunftsorientierte Bildungspolitik sollte sich nicht ausschließlich auf die Ausbildung einer ausreichenden Anzahl von Studierenden und Referendaren im eigenen Bundesland stützen; vielmehr geht es auch darum, den Lehrberuf für Menschen mit unterschiedlichen Biographien zu öffnen und möglichst attraktive Rahmenbedingungen in allen Schulen zu schaffen.
Eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Lehrversorgung bleibt dabei ebenso herausfordernd wie ein konstruktiver Umgang mit dem wachsenden Privatschulwesen. Wenn Schulen als Spiegel gesellschaftlicher Vielfalt gelten wollen, sollte dieser Anspruch auch auf die Zusammensetzung des Lehrpersonals übertragen werden. In dieser Perspektive kann der aktuelle Lehrkräftemangel auch als Chance betrachtet werden.