Trotz der günstigen konjunkturellen Entwicklung ist die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge im letzten Jahr um rund 18.000 auf etwa 551.300 zurückgegangen (BMBF 2013). Besonders deutlich schlug sich die rückläufige Entwicklung in den neuen Ländern mit etwa sieben Prozent nieder, während der Rückgang in den alten Ländern mit weniger als drei Prozent relativ gering ausfiel. Bei diesen Zahlen des aktuellen Berufsbildungsberichts der Bundesregierung und des dazugehörigen Datenreports des Bundesinstituts für Berufsbildung (BMBF 2013; BIBB 2013) muss aber berücksichtigt werden, dass ein Teil des Angebotsrückgangs auf den gezielten Abbau staatlich finanzierter außerbetrieblicher Ausbildungsplätze zurückzuführen ist, die im letzten Jahrzehnt zur Kompensation des unzureichenden betrieblichen Lehrstellenangebots geschaffen worden waren. Gerade in den neuen Ländern war dieses Zusatzangebot aufgrund des gravierenden ökonomischen Strukturwandels lange Zeit von großer Bedeutung. Im Vergleich zu 2011 sind die außerbetrieblichen Ausbildungsverträge 2012 insgesamt um rund 15 Prozent zurückgegangen; dagegen betrug der Rückgang der betrieblichen Ausbildungsverträge lediglich 2,5 Prozent (BIBB 2013).
Noch vor wenigen Jahren (2007) machten außerbetriebliche Ausbildungsplätze mehr als ein Viertel der Lehrstellen in den neuen Ländern aus. Dieser Anteil ist jetzt deutlich auf etwa elf Prozent gesunken; deutschlandweit ging der Anteil der außerbetrieblichen Ausbildung im gleichen Zeitraum von etwa acht Prozent auf rund fünf Prozent zurück. Positiv zu vermerken ist, dass der Rückstau von Bewerberinnen und Bewerbern aus früheren Schulabschlussjahren („Altbewerberinnen und -bewerber“) um minus 2,5 Prozent leicht abgebaut werden konnte (BIBB 2013).
Insgesamt hat sich die Ausbildungssituation aus Sicht der Jugendlichen gegenüber dem Vorjahr wenig verändert und kann als befriedigend bewertet werden (Bode/Burdack 2012). Diese Aussage bezieht sich jedoch nur auf den rechnerischen Bundesdurchschnitt. Für bestimmte Gruppen – vor allem für Jugendliche mit Migrationshintergrund – stellt der Übergang von der Schule in die Berufsausbildung z.T. eine hohe Schwelle dar. Zudem gibt es zahlreiche regionale Arbeitsmärkte mit zu wenigen betrieblichen Ausbildungsplätzen.
Die Angebots-Nachfrage-Relation an Ausbildungsstellen
Ein zentraler Indikator der Lehrstellensituation ist die Angebots-Nachfrage-Relation (ANR; Glossar). Im Jahr 2012 lag sie im Bundesdurchschnitt bei 93,2 und zeigte sich damit fast unverändert gegenüber dem Vorjahr (2011: 93,4). Damit liegen die Werte Immer noch signifikant unter dem rechnerischen Gleichgewicht von 100; eine wirklich „günstige“ Lehrstellensituation besteht hingegen erst bei einer ANR von deutlich über 100. Wie bereits in den letzten Jahren fällt der Wert für das Jahr 2012 in den neuen Ländern (95,1) günstiger aus als in den alten (92,8). Der Grund hierfür sind die in Ostdeutschland weiterhin relativ stark vertretenen außerbetrieblichen Ausbildungsangebote. Berücksichtigte man nur die von der Wirtschaft bereitgestellten betrieblichen Ausbildungsplätze, so lägen die Werte in den neuen Ländern bei lediglich 85,8 und in den alten bei 89,6 (BMBF 2013).
Die Einmündungsquote, die die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in Beziehung zur Zahl der Schulabgänger setzt, ist gegenüber dem Vorjahr leicht von 66,2 auf 64,7 gesunken (Grafik; eine Quote von etwa zwei Dritteln gilt als rechnerisch ausreichende Versorgung). Die Höhe der Einmündungsquote wird in den letzten Jahren ganz erheblich durch die doppelten Abiturjahrgänge einzelner Länder beeinflusst: Niedersachsen und Bayern 2011; Bremen, Brandenburg, Berlin und Baden-Württemberg 2012 (KMK 2013). So erklärt sich beispielsweise der deutliche Rückgang in Brandenburg und Berlin (Karten 1 und 2) durch die doppelten Abiturjahrgänge. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen wird der doppelte Abiturjahrgang 2013 nicht nur in diesem, sondern auch in den folgenden Jahren die angespannte Situation auf dem dortigen Ausbildungsmarkt noch verschärfen.
Jugendliche mit Migrationshintergrund
Immer noch verlassen mehr als doppelt so viele ausländische Jugendliche die Schule ohne Abschluss als Deutsche (etwa zwölf Prozent gegenüber fünf Prozent; BMBF 2013, S. 38). Der Übergang in eine berufliche Ausbildung gestaltet sich für diese Personengruppe weiterhin schwierig. So ist der Anteil ausländischer Jugendlicher, die eine Lehrstellen antreten, deutlich unterrepräsentiert: Die Ausbildungsanfängerquote für ausländische Jugendliche beträgt nur etwa 30 Prozent, während sie für deutsche Jugendliche mehr als doppelt so hoch ist (BMBF 2013, S. 38).
Nach wie vor große regionale Unterschiede
Die großräumigen regionalen Muster des Ungleichgewichts sind gegenüber den Vorjahren weitgehend erhalten geblieben (Karte 1; Bode/Burdack 2012; Bode/Burdack 2011). Nur 39 der 176 Arbeitsamtsbezirke weisen eine ANR von über 100 auf. Das heißt andererseits, dass in 137 bzw. in mehr als drei Viertel der Regionen noch ein rechnerisches Angebotsdefizit besteht. Eine wirklich günstige Angebotslage mit einer ANR von über 105 existiert nur in elf Regionen, vor allem in Bayern (Arbeitsamtsbezirke Schwandorf, Passau, Traunstein, Freising, München und Regensburg). Besonders kritisch ist dagegen die Lage in den westdeutschen Regionen Recklinghausen, Wuppertal, Herford, Solingen und Gelsenkirchen sowie in den norddeutschen Arbeitsamtsbezirken Lüneburg, Hameln, Nienburg und Bremerhaven.
Auf der Ebene der Länder (Karte 2) werden die großräumigen regionalen Unterschiede in Deutschland besonders sichtbar. Günstige ANR Werte zeigen sich in Bayern, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. Besonders prekär ist die Lehrstellensituation aus Sicht der Bewerberinnen und Bewerber dagegen weiterhin in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und der Hauptstadt Berlin. Nicht zuletzt aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge wird sich die Lehrstellensituation in diesen Ländern kurzfristig nicht grundlegend verbessern.