Trotz Wirtschaftskrise und ansteigender Arbeitslosenzahlen ist der Ruf nach Fachkräften im Maschinenbau nicht verstummt. Die Deutschlandkarten zeigen, wo die Branche durch fehlende Facharbeiter und Ingenieure besonders stark betroffen ist.

Ungebrochener Fachkräftemangel
Der Fachkräftemangel in Deutschland betrifft im Wesentlichen das Verarbeitende Gewerbe und im Kern den Maschinenbau. Dafür sind in der Maschinenbaubranche zwei gegenläufige Trends verantwortlich. Zwischen 1996 und 2006 steht dem zweistelligen Zuwachs der Betriebszahl von 6.548 auf 7.212 (10,2 %) ein Rückgang der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 54.311 (5,6 %) gegenüber (Graphik 1). Dieser Entwicklung liegt ein grundlegender Strukturwandel zu Grunde. Die Tertiärisierung in der Industrie und der Innovationsschub der Robotik/Automation führen dazu, dass Dienstleistungen ausgegliedert werden und sich spezialisierte Kleinunternehmen ausgründen (Mödinger/Redling 2005, Stat. Bundesamt 2004). Gleichzeitig nimmt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten durch den Produktivitätsfortschritt und die Flexibilisierung mit Hilfe der Zeitarbeit kontinuierlich ab (Albrecht 2006).

Räumlich differenzierte Entwicklung
Das Problem des Fachkräftemangels ist regional sehr unterschiedlich ausgeprägt. Im Hinblick auf den strukturellen Wandel folgt die räumliche Verteilung des Maschinenbaubesatzes, d.h. die Zahl der Beschäftigten im Maschinenbau je 1000 Einwohner, einer Nord-Süd-Achse entlang den Metropolregionen, von Hamburg, Bremen, über Osnabrück in das Ruhrgebiet. Von Bielefeld zweigt eine Achse nach Wolfsburg ab. Entlang der Rheinschiene reicht die Entwicklungsachse im Westen bis Konstanz und im Osten bis Augsburg. In Thüringen und Sachsen liegen weitere Schwerpunkte des Maschinenbaus (Karte 1).

Auch im Hinblick auf die Beschäftigtenzahlen entsteht ein differenziertes Bild. Zwischen 1996 und 2006 vollzieht sich eine positive Entwicklung inselhaft in den Räumen Rhein-Ruhr, von Heilbronn bis Böblingen und im südlichen Bayern bis nach Garmisch-Partenkirchen (Karte 2). Überdurchschnittlich viele Betriebsgründungen fanden z.B. in Osnabrück, Paderborn, im Alb-Donau-Kreis, im Main-Tauber-Kreis sowie in Dresden, Jena und Erfurt statt. Im Ergebnis ist ein starker räumlicher Konzentrationsprozess in der Branche zu beobachten (Karte 3).

Wo wirkt sich nun der Fachkräftemangel besonders stark aus? Dort, wo über mehrere Jahre und mehrere Nachbarkreise hinweg eine gleichgerichtete Entwicklung stattfindet, zeichnet sich eine Pfadabhängigkeit des strukturellen Wandels ab (Karte 4). Kreise mit signifikant positiver Entwicklung der Beschäftigten (rot) fragen mehr Facharbeiter und Ingenieure nach, als in der Region zur Verfügung stehen. Dies betrifft Kreise zwischen Coesfeld und Lippe, Duisburg und Altenkirchen sowie dem Neckar-Odenwald-Kreis und Konstanz. In Kreisen mit signifikant negativer Entwicklung (blau) wird langfristig sozialversicherungspflichtige Beschäftigung abgebaut. Dies betrifft vor allem die Kreise in Mecklenburg-Vorpommern, die Kreise entlang der Nordseeküste, Kreise in Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Thüringen und dem südlichen Brandenburg.

Vernetzung der Wirtschaftsförderer zur Lösung des Fachkräfteproblems
Zur Lösung des Fachkräfteproblems versuchen Wirtschaftsförderer, den regionalen Arbeitskräftepool auszuschöpfen und überregional Arbeitskräfte zu akquirieren. Die Akteursnetzwerke von drei dieser Intermediäre (Glossar) zeigen am Beispiel des Hohenlohekreises ein komplementäres Interaktionsmuster der Beziehungen (Graphik 2). Intermediär A bringt nationale und internationale Beziehungen mit in die Region. Intermediär B pflegt regionsübergreifende Kontakte zu einem ausgewählten Personenkreis von Beratern. Intermediär C ist stark in der Region verankert. Die Ergebnisse der Vollerhebung zeigen, dass Akteure mit internationalen Kontakten überdurchschnittlich zur Lösung des Fachkräfteproblems beitragen. Insgesamt ergänzen sich die Wirtschaftsförderer hinsichtlich der Reichweite ihrer Beziehungen. Neue Ideen werden von außen in die Region hineingetragen und über Multiplikatoren in Wirtschaft und Politik effizient weitergeleitet.

ALBRECHT, Susanne (2006): Flexibilisierung der Arbeit. In: Leibniz-Institut für Länderkunde (Hrsg.): Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland Bd. 7: Arbeit und Lebensstandard. Mithrsg. von Faßmann, Heinz, Meusburger, Peter u. Britta Klagge. München, S. 50-53.

KOPPEL, Oliver u. Axel PLÜNNECKE (2009): Wachstums- und Fiskaleffekte von Maßnahmen gegen Fachkräftemangel in Deutschland – Bildungsökonomische Analyse und politische Handlungsempfehlungen insbesondere im MINT-Bereich. (= IW-Analysen – Forschungsberichte Institut der deutschen Wirtschaft 46), [Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie]. Köln.

MÖDINGER, Patrizia u. Brititta REDLING (2005): Produktbegleitende Dienstleistungen im Industrie- und Dienstleistungssektor im Jahr 2002. In: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Wirtschaft und Statistik. 12/2004, S. 1408-1413.

OECD (Hrsg.) (2008): Education at a Glance 2008. OECD Indicators. [Organisation for Economic Co-operation and Development]. Paris.
http://www.oecd.org/dataoecd/23/46/41284038.pdf
Abrufdatum: 28.01.2009.

REINBERG, Alexander u. Markus HUMMEL (2004): Fachkräftemangel bedroht Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 28/2004, S. 3-10.

STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER (Hrsg.) (2009): Verarbeitendes Gewerbe, Bergbau u. Gewinnung von Steinen und Erden: Betriebe u. Beschäftigte nach Wirtschaftsabteilungen 30.09.2006; Maschinenbau (DK29), (= Tab. 001-41-4). Bevölkerungsstand: Durchschnittliche Jahresbevölkerung nach Geschlecht – Jahresdurchschnitt – 2006, (= Tab. 173-32-3). Wiesbaden.
https://www.regionalstatistik.de/genesis/online/logon
Abrufdatum: 16.01.2009

STATISTISCHES BUNDESAMT (Hrsg.) (2004): Produktbegleitende Dienstleistungen 2000 bei Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes und des Dienstleistungssektors. Projektbericht. Wiesbaden.

VDI/IW (Hrsg.) (2008): Ingenieurlücke in Deutschland – Ausmaß, Wertschöpfungsverluste und Strategien. [Verein Deutscher Ingenieure und Institut der deutschen Wirtschaft]. Köln.
http://www.vdi.de/uploads/media/Studie_Ingenieurluecke_VDI-IW_02.pdf
Abrufdatum: 28.01.2009.

Bildnachweis
Mitarbeiter der KUKA Systems GmbH in Augsburg bei der Vormontage einer Automobilproduktionsanlage.
© KUKA Aktiengesellschaft; www.kuka.com

Zitierweise
Plattner, Michael (2009): Fachkräftemangel im Maschinenbau. In: Nationalatlas aktuell 3 (04.2009) 3 [08.04.2009]. Leipzig: Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL).
URL:
http://aktuell.nationalatlas.de/Maschinenbau.3_04-2009.0.html

Dr. Michael Plattner
Universität Trier
Fachbereich VI
(Geographie/Geowissenschaften)
Fach Kultur- und Regionalgeographie
54286 Trier
Tel.: (0651) 201 46 97
E-Mail: plattner@uni-trier.de

Räumliche Autokorrelation, Intermediäre der Wirtschaftsförderung

Räumliche Autokorrelation bezeichnet die Abhängigkeit zwischen benachbarten Orten bzw. Raumeinheiten.

Bei der Bestimmung der vorliegenden räumlichen Autokorrelation im Maschinenbau sind die unmittelbar nebeneinander liegenden Kreise und kreisfreien Städte bezüglich ihrer Merkmalsausprägung der Entwicklung der Beschäftigtenzahlen im Maschinenbau miteinander verglichen worden.

Karte 4 zeigt, über welche Raumdistanzen hinweg signifikante Nachbarschaftsbeziehungen bei einer Raumschrittweite von k=1 zwischen den Kreisen bestehen.

Ausführliche Informationen zur räumlichen Autokorrelation siehe
BAHRENBERG, Gerhard; GIESE, Ernst; MEVENKAMP, Nils und Josef NIPPER (2008): Statistische Methoden in der Geographie Band 2: Multivariate Statistik. Stuttgart. 3. Aufl. S. 352f.

Intermediäre der Wirtschaftsförderung sind Akteure, die zwischen Ökonomie, Politik und Gesellschaft vermitteln. Als so genannte Egos befinden sie sich im Zentrum des sozialen Netzwerks und binden externe Akteure (Alteri) zur Problemlösung ein.