Die Olympischen Sommerspiele 2024
An den diesjährigen Olympischen Spielen in Paris nahmen rund 11.400 Athletinnen und Athleten aus 204 Nationen (Nationale Olympische Komitees/NOKs) teil. An dem fast dreiwöchigen Sport-Mega-Event, das vom 26. Juli bis 11. August ausgetragen wurde, fanden 329 Entscheidungen in 32 Sportarten statt. Vergeben wurden schließlich 1.093 Medaillen an 90 Nationalteams (NOKs) – 328-mal Gold, 327-mal Silber und 384-mal Bonze (IOC 2024). Das Team Deutschland umfasste 473 Sportlerinnen und Sportler, errang in 17 Sportarten 33-mal Edelmetall und landete mit 12 Gold-, 13 Silber und 8 Bronzemedaillen auf Platz 10 des offiziellen Medaillenspiegels. Aufgrund der erfolgreichen Teams und Mannschaften verbergen sich hinter dem Medaillenspiegel jedoch deutlich mehr Aktive. Dementsprechend werden in der Karte 1 alle 103 erfolgreichen Olympioniken (52 Frauen und 51 Männer) gewürdigt, und zwar nicht nur mit ihrer Sportart/Disziplin und Medaille, sondern auch mit ihrem Vereinssitz, an dem sie in der Deutschlandkarte lokal verortet sind.
Die Frage, wo die Athletinnen und Athleten herkommen beziehungsweise trainieren, ist jedoch mit zunehmender Mobilität der Betreffenden immer schwieriger zu beantworten; ein Großteil trainiert nicht nur in der Sportstätte des Vereins sowie an mehreren und zum Teil weit entfernten Olympiastützpunkten innerhalb Deutschlands, sondern nutzt zunehmend auch ausländische Trainingsstätten. Hanewinkel & Smigiel haben darauf bereits in ihrem Kartenbeitrag zu den Olympischen Spielen Peking 2008 hingewiesen (zu den staatlich geförderten Zentren des Hochleistungssports siehe Erdmann 2016)
Betrachtet man die räumliche Verteilung der Vereinsherkunft (Karte 1) fällt auf, dass zum Teil zwar regionale Konzentrationen aufgrund der Vereinszugehörigkeiten beim Frauenfußball sowie beim Handball und Hockey der Männer bestehen, ansonsten das deutschlandweite Verteilungsmuster unter Berücksichtigung der Bevölkerungsverteilung aber relativ ausgeglichen ist.
Die Sommer-Paralympics 2024
Im Anschluss an die Olympischen Spiele fanden vom 28. August bis zum 8. September die XVII. Paralympischen Sommerspiele statt, die erstmals 1960 in Rom ausgetragen wurden und seit 1988 am gleichen Ort stattfinden wie die Olympischen Spiele. 2024 gingen rund 4.400 Spitzensportlerinnen und -sportler mit Behinderung aus über 180 Nationen an den Start. An den zwölf Tagen fanden insgesamt 549 Wettbewerbe in 22 Sportarten in unterschiedlichen Startklassen (vergleichbare Beeinträchtigungen im Sinne der Chancengleichheit) statt, sodass schließlich 1.707 Medaillen vergeben wurden – 549-mal Gold, 551-mal Silber und 607-mal Bronze (IPC 2024). Das Team Deutschland Paralympics war mit 143 paralympischen Athletinnen und Athleten sowie fünf Guides vertreten. Die Ausbeute waren 49 Medaillen in den 13 Sportarten Badminton, Judo, Kanu, Leichtathletik, Radsport, Reiten, Rollstuhlbasketball, Rollstuhlfechten, Rudern, Schießen, Schwimmen, Tischtennis und Triathlon. Mit 10-mal Gold, 14-mal Silber und 25-mal Bronze landete Deutschland in der Nationenwertung auf Rang elf. Aufgrund der erfolgreichen Teams im Rollstuhlbasketball, Reiten, Rudern und Tischtennis sowie der neun Mehrfachmedaillengewinnerinnen und einem Sportler, der zwei Medaillen gewann, erhielten summa summarum 23 Athletinnen und 29 Athleten Edelmetall. In der Karte 2 sind sie mit ihrer Sportart, Disziplin und der entsprechenden Startklasse an ihrem Vereinssitz platziert worden.
Besonders erfolgreich waren die Schwimmerinnen und Schwimmer mit vier Gold-, drei Silber- und drei Bronzemedaillen, deren Vereine in Neumünster, Berlin, Potsdam, Erlangen, Nürnberg und Leverkusen liegen (Karte 2). Die Anzahl der Standorte ist ein Beleg dafür, dass es deutschlandweit auch im Leistungssport der Menschen mit Behinderungen immer mehr Sportstätten in einzelnen Sportarten gibt, zumal es auch ein eigenes Stützpunktkonzept Paralympischer Sport mit Bundesstützpunkten Sport und Paralympischen Trainingszentren gibt, die zum Teil mit den Vereinssitzen korrelieren (DBS 2024). Darüber hinaus trainieren einzelne Sportlerinnen und Sportler auch in den Olympiastützpunkten (Inklusion).
Ein weiteres Beispiel ist die erfolgreiche Rollstuhlbasketballmannschaft, die mit Bronze dekoriert zurückkam und deren zwölf Spieler aus insgesamt acht Vereinen in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Thüringen und Bayern stammen. In der Gesamtschau zeigt das Kartenbild dementsprechend eine relativ breite regionale Verteilung der Vereinssitze, jedoch mit einer vergleichsweise geringeren Dichte im Südwesten Deutschlands.
Ist Deutschland zurück in der Weltspitze?
Retrospektiv ist seit Olympia 1992 in Barcelona – und somit schon seit mehr als drei Jahrzehnten – ein deutlicher Rückgang deutscher Medaillengewinne zu verzeichnen (Grafik 1). Nach wie vor werden die Erwartungen und gesteckten Ziele nicht erreicht, sodass Deutschland schon seit geraumer Zeit seine Spitzenposition in der Welt verloren hat. Die negative Entwicklung wird regelmäßig während und nach den Spielen von den Medien (exemplarisch aktuell Sportschau/rbb 2024; ZDF 2024, Hamburger Abendblatt 2024), der Politik, der Wissenschaft und nicht zuletzt auch vom Sport selbst aufgegriffen und kritisch hinterfragt. Doch zum sportlichen Erfolg haben die wiederkehrenden kritischen Stimmen nicht geführt.
Zwei Kernprobleme werden derzeit besonders intensiv diskutiert: die Rahmenbedingungen der Trainerinnen und Trainer und der Zustand der Trainingsstätten. Auf die unzulängliche „Vertrags- und Vergütungssituation von Trainerinnen und Trainer und Personal im Leistungssport“ hat beispielsweise die Athletenvertretung mehrfach mit Nachdruck hingewiesen: 2022 anlässlich der 14. Sitzung des Sportausschusses des Deutschen Bundestages und 2023 im Rahmen der Anhörung zum 15. Sportbericht der Bundesregierung (Athleten Deutschland e.V. 2022 u. 2023).
Auch die Feststellung des DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund), dass „über Jahrzehnte nicht mehr – oder nicht mehr ausreichend – in Sportstätten investiert wurde, so dass mittlerweile das Prädikat marode vielerorts zutrifft“ und der Sanierungsstau inzwischen 31 Milliarden Euro beträgt (DOSB/Burmester 2023), zeigen den fundamentalen Handlungsbedarf.
Der Adressat ist insbesondere die Bundespolitik und das für Sport zuständige Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), das auf seiner eigenen Website bei den gesteckten Zielen und Aufgaben der deutschen Sportpolitik verkündet: „
• Spitzensportlerinnen und -sportler sollen von den besten Trainerinnen und Trainern unterstützt
• in optimal ausgestatteten Trainingsstätten trainieren und
• sich möglichst ohne Existenzsorgen ihrem Sport widmen können“ (BMI 2024).