Gesundheitsgefahren des Tabakrauchens
Seit den 1950er Jahren wurden die Gesundheitsgefahren des Tabakrauchens durch epidemiologische und biochemisch-molekularbiologische Untersuchungen zweifelsfrei belegt. Im Jahr 1997 stellte schließlich das Bundesverfassungsgericht fest, dass Rauchen gesundheitsschädlich sei; bei Tabakerzeugnissen handele es sich um Genussmittel, bei deren bestimmungsgemäßer Verwendung Gesundheitsschäden regelmäßig auftreten.
Tabakrauch enthält mehrere hundert krebserregende Einzelsubstanzen. Rauchen schwächt die körpereigenen Abwehrkräfte, beeinträchtigt die gesundheitliche Lebensqualität, ist der wichtigste Risikofaktor für zahlreiche lebensbedrohliche Krankheiten (insbesondere einige Krebsformen sowie Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems) und führender Grund vorzeitiger Sterblichkeit (Völzke u.a. 2006). In Deutschland sterben jährlich etwa 120.000 Menschen an den Folgen des Tabakrauchens – das ist etwa jeder siebte Sterbefall. Im Jahr 2012 starben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes allein rund 44.500 Menschen an Lungen-und Bronchialkrebs. „Diese für das Rauchen typische Krebserkrankung rangiert damit auf Platz 4 der häufigsten Todesursachen in Deutschland“ (StBA 2013).
Raucher nehmen vermehrt Leistungen des medizinischen Versorgungssystems in Anspruch, fehlen häufiger krankheitsbedingt am Arbeitsplatz und verursachen dadurch erhebliche volkswirtschaftliche Kosten (Wegner u.a. 2004). Die gesamtwirtschaftlichen Kosten belaufen sich in Deutschland auf jährlich etwa 21 Milliarden Euro (Lampert u.a. 2013).
Unterschiede in Bezug auf Geschlecht, Alter, Sozialstatus und Region
Geschlecht, Alter, Sozialstatus und Region differenzieren die Epidemie des Rauchens und seiner gesundheitlichen Folgen in komplexer Weise. In den letzten Jahren sind die Geschlechtsunterschiede deutlich geschrumpft; auch die regionalen Unterschiede nahmen deutlich ab (Karte 2). Der soziale Status hingegen bleibt sehr einflussreich und verursacht enorme Unterschiede im Rauchverhalten. Der Alterspeak des Rauchens liegt bei den 25- bis 35-Jährigen. Im Rentenalter raucht dagegen nur noch weniger als die Hälfte der Personen, die im jüngeren Erwachsenenalter geraucht haben. Gründe hierfür sind neben dem freiwilligen Tabakverzicht auch die chronischen Erkrankungen infolge des Rauchens sowie der vorzeitige Tod der ehemals Rauchenden.
Deutlich weniger Frauen als Männer rauchen
Im Jahr 2013 waren noch 25 Prozent der deutschen Männer regelmäßige Raucher (2005: 29 Prozent), weitere 4 Prozent (2005: 8 Prozent) bezeichneten sich als Gelegenheitsraucher (StBA 2006 u. StBA 2014). Frauen rauchen weiterhin insgesamt seltener als Männer (17 Prozent regelmäßige, 3 Prozent Gelegenheitsraucherinnen; 2005: 22 bzw. 6 Prozent). Nachdem die Rauchquote für Frauen ihren vorläufigen Maximalwert (etwa 30 Prozent) erreicht hatte, ist seit 2003 ihre Tendenz wieder rückläufig.
Frauen unter 35 Jahren haben deutlich früher mit dem Rauchen begonnen als die älteren Jahrgänge, und das entsprechende Durchschnittsalter liegt sogar geringfügig niedriger als bei den Männern. Gegenüber 2005 hat der Geschlechtsunterschied des Anteils Rauchender nochmals um einen weiteren Prozentpunkt auf 8,7 Prozentpunkte abgenommen. Aber weiterhin rauchen Frauen in allen Altersklassen seltener als Männer; am größten (mehr als 10 Prozentpunkte) sind die Geschlechtsunterschiede bei den 25- bis 40-Jährigen. Da gleichzeitig die regionalen Unterschiede zurückgegangen sind, bleiben die Rauchgewohnheiten zwischen Frauen und Männern nach wie vor größer als die regionalen Unterschiede zwischen den Bundesländern (vgl. Karten 1 u. 2)
Nach wie vor klare regionale Unterschiede
In der regionalen Betrachtung hat seit 2005 der Raucheranteil nur für Frauen in Sachsen-Anhalt und Thüringen nochmals geringfügig zugenommen, in allen anderen Bundesländern und für beide Geschlechter zum Teil deutlich abgenommen (Karte 1).
1995 wiesen die Rauchgewohnheiten für Männer ein klares Nord-Süd-Gefälle auf (Kistemann/ Uhlenkamp 2001): Die höchsten Anteile Rauchender fanden sich in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Hamburg, Bremen und Berlin, die niedrigsten in Bayern und Baden-Württemberg. Für Frauen war diese Tendenz weniger klar ausgebildet. Von 1995 bis 2005 hatte der Anteil der Rauchenden in den neuen Ländern und in Niedersachsen teilweise stark zugenommen, während die Stadtstaaten, Schleswig-Holstein und das Saarland die deutlichsten Abnahmen erlebten (Kistemann 2007). Als Resultat akzentuierte sich für Frauen das Nord-Süd-Gefälle, während sich für Männer ein neues, deutliches Ost-West-Gefälle herausbildete. Von 2005 bis 2013 ist der Anteil der Raucherinnen lediglich in Sachsen-Anhalt und Thüringen gestiegen; bei den Rauchern ist er in allen Ländern zurückgegangen (Karte 1). Die Differenz zwischen den höchsten Quoten in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin und den niedrigsten in Bayern und Baden-Württemberg ist um fast die Hälfte geschrumpft. Weiterhin bleibt aber für Frauen ein Nord-Süd-Gefälle, für Männer ein Ost-West-Gefälle erkennbar.
Sozial benachteiligte Gruppen besonders gefährdet
In sozial benachteiligten Gruppen wird auch weiterhin in Deutschland viel häufiger geraucht (Lampert/Thamm 2004): Männer und Frauen mit niedrigem sozialen Status rauchen weiterhin etwa doppelt so häufig wie die Angehörigen der oberen sozialen Schicht (Lampert u.a. 2013). Die aktuelle Verbreitung des Rauchens ist letzten Endes das Resultat sozial differenzierter Ein- und Ausstiegsquoten. Je niedriger der Sozialstatus, desto häufiger beginnen Männer mit dem Rauchen (niedriger Sozialstatus: 72,9 Prozent – mittlerer S.: 68,9 Prozent – hoher S.: 54,3 Prozent), und desto kleiner ist die Ausstiegsquote unter den Rauchern (42,8 Prozent – 49,2 Prozent – 65,6 Prozent). Bei den Frauen sind weniger die Unterschiede im Einstiegsverhalten (48,3 Prozent – 50,7 Prozent – 47,7 Prozent), sondern insbesondere diejenigen im Ausstiegsverhalten (35,8 Prozent – 44,6 Prozent – 61,8 Prozent) ausschlaggebend. Als mögliche Erklärungen dieses sozial differenzierten Ein- und
Ausstiegsverhaltens werden Unterschiede im Gesundheitsbewusstsein, hinsichtlich der Belastungen am Arbeitsplatz sowie in Bezug auf Konflikte und Probleme in der Familie angeführt (Lampert/Burger 2004).
Fazit
Der sich abzeichnende leichte Rückgang des Rauchens muss sehr vorsichtig bewertet werden. Es ist kaum möglich, die Abnahme direkt den verschiedenen Maßnahmen gegen den Tabakkonsum zuzuschreiben. Dennoch zeigen die umfangreichen politischen Maßnahmen des letzten Jahrzehnts zur Umsetzung der Tabakrahmenkonvention der WHO (World Health Organization/Weltgesundheitsorganisation) langsam Erfolg. Dazu zählen sowohl reglementierende als auch aufklärende Maßnahmen (Prävention beispielsweise in Schulen und Betrieben), die maßgeblich zu einer gesellschaftlichen Problematisierung des Rauchens geführt haben. Zu den gesetzlichen Maßnahmen zählen die Erhöhungen der Tabaksteuer, starke Beschränkungen des Tabakkonsums am Arbeitsplatz, in öffentlichen Gebäuden, in Verkehrsmitteln und in der Gastronomie sowie das weitgehende Verbot von Tabakwerbung, das Verbot des Kaufs und des öffentlichen Konsums von Tabakprodukten für Minderjährige.
Für die Nachhaltigkeit dieses Erfolgs müssen die Anstrengungen aber zweifellos fortgesetzt werden, und besonderes Augenmerk ist dabei darauf zu richten, dass die bevölkerungsnahen Angebote zu Prävention und Ausstieg insbesondere die Risikogruppen der niedrigen sozialen Schicht effektiver erreichen. Denn es gibt weiterhin alarmierende Befunde: So ist etwa das durchschnittliche Alter des Rauchbeginns im Mittel seit 2005 um über zwei Monate auf 17,8 Jahre gesunken, ein Trend, von dem fast alle Bundesländer betroffen sind.