Deutschland ist Mieterland und im europäischen Vergleich Schlusslicht beim selbstgenutzten Wohneigentum. Nur etwa 45 Prozent aller Wohnungen werden von ihren Eigentümern bewohnt. Am niedrigsten sind die Quoten in ostdeutschen Großstädten. In Leipzig und Dresden liegen sie deutlich unter 15 Prozent. Drei- bis vierfach höhere Wohneigentumsquoten sind im Westen zu finden. Die Ursachen für diese Unterschiede sind vielschichtig.

Seit der Abschaffung der Eigenheimzulage (Glossar) im Jahr 2006 wird die Bildung von selbstgenutztem Wohneigentum in Deutschland nicht mehr staatlich gefördert. Der Anteil der Wohnungen, der von den Eigentümern selbst genutzt wird, ist prozentual dennoch leicht gestiegen (1998: 40,9, 2002: 42,6, 2006, 41,6, 2010: 45,7, 2011: 42,6, 2014: 45,5; StBA 2017, Glossar). Aufgrund der niedrigen Zinsen seit 2013 hat Wohneigentum als inflationsunabhängige Wertanlage und zur individuellen sozialen Absicherung an Attraktivität gewonnen.

Sowohl die Bedingungen für den Erwerb als auch das Ausmaß finanzieller Sicherheit, das der Immobilienbesitz für den einzelnen Haushalt ermöglicht, sind in Deutschland regional sehr unterschiedlich verteilt. Vor allem in vielen Großstädten stellen die Wohnraumknappheit und steigende Immobilienpreise für mittlere Einkommensgruppen oft unüberwindbare Hürden für den Erwerb von Wohneigentum dar. In vielen ländlich-peripheren Abwanderungsregionen verfallen dagegen die Immobilienpreise. Damit wird der individuelle Erwerb einer Wohnimmobilie, sei es als Geldanlage oder zur Altersvorsorge, zu einer riskanten Strategie.

Regionale Unterschiede in Deutschland
In Deutschland werden im Mittel 43 Prozent des Wohnungsbestandes von den Wohnungseigentümern selbst genutzt (Zensus 2011). Diese wohnungsbezogene Eigentumsquote (Glossar) differiert jedoch regional beträchtlich. Große Unterschiede bestehen beispielsweise zwischen ländlichen Gebieten mit relativ hohen Eigentumsquoten bis zu 70 Prozent und Großstädten, wo weniger als ein Fünftel der Wohnungen von ihren Eigentümern genutzt werden (z.B. Leipzig 11,1 Prozent, Dresden 13,7 Prozent, Berlin 14,8 Prozent und Frankfurt a.M. 19,2 Prozent, Karte 1, Grafik 1).

Bei den Städten über 50.000 Einwohner zeigen sich signifikante Ost-West-Unterschiede. Die relativ geringen Anteile an privatem Wohneigentum in den ostdeutschen Städten liegen in der Wohnungspolitik der DDR sowie den Entwicklungen nach der deutschen Einheit begründet. Rückübertragungen an Alteigentümer (Restitution) und Steuerabschreibungsmodelle begünstigten nach 1990 den Erwerb von Wohnimmobilien durch Westdeutsche. Viele Ostdeutsche standen andererseits vor einer unsicheren Zukunft. Angesichts des erheblichen Sanierungsbedarfs bei gleichzeitig niedrigen Mietpreisen entschied sich die Mehrzahl gegen die eigene Wohnung oder das Eigenheim. Folglich ist in ostdeutschen Großstädten (größer 100.000 Einwohner) der Anteil an selbstgenutztem Wohneigentum am geringsten. Spitzenwerte mit deutlich über 50 Prozent erreichen kleinere westdeutsche Städte wie Nordhorn in Niedersachen oder Pulheim, Ibbenbüren und Willich in Nordrhein-Westfalen (Karte 1, Grafik 1).

Wegen vergleichsweise strenger Regeln bei der Kreditvergabe in Deutschland ist der Erwerb von Wohneigentum zunehmend ein Privileg einkommensstarker Haushalte. Die regionalen Unterschiede beim Immobilienbesitz können somit auch als Indikator für soziale Ungleichheit innerhalb Deutschlands interpretiert werden (Nguyen/Shlomo 2009, Helbrecht/Geilenkeuser 2012. Diese Unterschiede dürften sich in der Zukunft weiter verstärken, insbesondere in attraktiven Großstadtregionen mit hohen und weiter steigenden Immobilienpreisen.

Wohnbesitzverhältnisse im europäischen Vergleich
Im europäischen Vergleich wird deutlich, dass Deutschland ein Mieterland ist (Karte 2). Nur in der Schweiz leben noch weniger Menschen im privat genutzten Wohneigentum. Internationale Unterschiede in den Eigentümerquoten sind unter anderem ein Spiegelbild der vorherrschenden Wohnungspolitik und der Finanzierungsbedingungen. Wesentliche Faktoren sind neben der staatlichen Förderung von privatem Wohneigentum und den Bedingungen für die Kreditvergabe auch das Angebot von Mietwohnungen. In Ländern mit marktwirtschaftlicher Immobilienfinanzierung und freizügiger Kreditvergabe wie Spanien oder Großbritannien sind die Wohneigentumsquoten tendenziell höher als in Ländern mit risikoscheuerem Bankensystem (restriktive Kreditvergabe) wie Österreich, Deutschland und der Schweiz (Shlomo 2011). In Schweden, Norwegen und den Niederlanden leben überdurchschnittlich viele Eigentümer in Immobilien, die noch durch Darlehen und Hypotheken belastet sind Karte 2.

Unter den Bedingungen gut ausgebauter Sozialsysteme kann der Erwerb von Wohnimmobilien zum Zweck der sozialen Absicherung und der Altersvorsorge gegebenenfalls auch an Bedeutung verlieren (Nguyen/ Shlomo 2009). Dieser Zusammenhang deutet sich in den vergleichsweise geringeren Wohneigentümerquoten in Ländern wie Dänemark (rund 63 Prozent) und Schweden (rund 71 Prozent) an, die über relativ umfangreiche Sozialwohnungsbestände verfügen. Die Niederlande zeichnen sich besonders durch die gleichzeitige starke Förderung des sozialen Wohnungsbaus sowie der privaten Eigentumsbildung aus (Shlomo 2011).

Für die Wohnversorgung in Mittel- und Osteuropa sind die nach dem Ende des Kommunismus vollzogenen Privatisierungsmaßnahmen bis heute von zentraler Bedeutung. Die Umwandlung von staatlichem Eigentum in private Eigentumswohnungen, die häufig von ehemaligen Mietern übernommen wurden, spiegelt sich in hohen Wohnungseigentümerquoten wider. Spitzenreiter ist Rumänien mit 96,5 Prozent, gefolgt von Mazedonien und Kroatien (je 91 Prozent) sowie Litauen und der Slowakei (je 89 Prozent). Durch die Privatisierung an ehemalige Mieter, zu meist niedrigen Preisen, spielen zwar Kreditbelastungen durch Immobilienkäufe eine untergeordnete Rolle. Gleichzeitig entledigten sich die ehemals sozialistischen Staaten auf diese Weise ihrer maroden Bausubstanz und übertrugen die Verantwortung für Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen auf die neuen Eigentümer.

BBR (Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung) (Hrsg.) (2009): Wohneigentum: Das Thema Wohneigentum gewinnt vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung für die Vermögensbildung und die Altersvorsorge vieler Haushalte weiter an Bedeutung. URL: http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/WohnenImmobilien/Immobilienmarktbeobachtung/ProjekteFachbeitraege/Wohneigentum/01_start.html?nn=446450.
Abrufdatum: 06.011.2017.

Eurostat (Hrsg.) (2017): Lebensbedingungen Wohnen. Bevölkerung nach Wohnbesitzverhältnissen 2015. URL: http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?query=BOOKMARK_DS-057102_QID_1C526A85_UID_-3F171EB0&layout=TIME,C,X,0;TENURE,L,X,1;GEO,L,Y,0;INCGRP,L,Z,0;HHTYP,L,Z,1;INDICATORS,C,Z,2;&zSelection=DS-057102INCGRP,TOTAL;DS-057102HHTYP,TOTAL;DS-057102INDICATORS,OBS_FLAG;&rankName1=HHTYP_1_2_-1_2&rankName2=INDICATORS_1_2_-1_2&rankName3=INCGRP_1_2_-1_2&rankName4=TIME_1_0_0_0&rankName5=TENURE_1_2_1_0&rankName6=GEO_1_2_0_1&sortC=ASC_-1_FIRST&rStp=&cStp=&rDCh=&cDCh=&rDM=true&cDM=true&footnes=false&empty=false&wai=false&time_mode=ROLLING&time_most_recent=true&lang=EN&cfo=%23%23%23%2C%23%23%23.%23%23%23.
Abrufdatum: 31.07.2017.

Helbrecht, Ilse und Tim Geilenkeuser (2012): Demographischer Wandel, Generationeneffekte und Wohnungsmarktentwicklung: Wohneigentum als Altersvorsorge? In: Raumforschung und Raumordnung, Nr. 5, S. 425–436.

Kolb, Kathrin (2013): Soziale Ungleichheit beim Vermögen und Immobilienbesitz. Eine Analyse von Vermögens- und Wohneigentumsungleichheiten im internationalen, innerdeutschen und historischen Vergleich. (=Schriften aus der Fakultät Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Otto-Friedrich-Universität; Bd. 11). Bamberg.

Krämer, Daniel (2010): Zensus 2011: Gebäude‐ und Wohnungszählung. In: Statistik Journal, Saarland, 3/2010, 3‐5.URL: http://www.saarland.de/dokumente/thema_statistik/staa_StJ_2010_03_Zensus_2011_GWZ.pdf. Abrufdatum: 11.03.2014.

Nguyen, Tristan und Jonathan Ben Shlomo (2009): Determinanten der Wohneigentumsquote – Eine internationale empirische Studie. In: Zeitschrift für immobilienwirtschaftliche Forschung und Praxis, H. 13, S. 2-11.

Shlomo, Jonathan Ben (2011): Unterschiede in den Eigentumsquoten von Wohnimmobilien: Erklärungsversuche und Wirkungsanalyse. (=Schriften der Wissenschaftlichen Hochschule Lahr; Nr. 26). Lahr.

StÄdBL (Statistische Ämter des Bundes und der Länder) (Hrsg.) (2017): Die Gebäude- und Wohnungszählung: wichtige Planungsgrundlage für die Zukunft. URL:

https://www.zensus2011.de/DE/Zensus2011/Methode/Methode_GWZ_node.html;jsessionid=4A509DBC0E7E96928C3E76F374332A6E.1_cid380.
Abrufdatum 07.11.2017.

StÄdBL (Statistische Ämter des Bundes und der Länder) (Hrsg.) (2014): Gebäude und Wohnungen. Ergebnisse des Zensus am 9. Mai 2011. Wiesbaden.

StBA (Statistisches Bundesamt) (Hrsg.) (2017b): Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). URL: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Methoden/Einkommens_Verbrauchsstichprobe.html.
Abrufdatum 07.11.2017.

Bildnachweis
Gründerzeitliche Wohnbebauung im Musikviertel in Leipzig, J. Rohland © IfL.

Zitierweise
Bode, Volker und Karin Wiest (2017): Selbstgenutztes Wohneigentum: regionale Unterschiede in Deutschland und Europa. In: Nationalatlas aktuell 11 (11.2017) 9 [13.11.2017]. Leipzig: Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL).
URL: http://aktuell.nationalatlas.de/selbstgenutztes_Wohneigentum.9_11-2017.0.html.

Dipl. Geogr. Volker Bode
Leibniz-Institut für Länderkunde
Schongauerstraße 9
04328 Leipzig
Tel.: (0341) 600 55-143
E-Mail: V_Bode@leibniz-ifl.de

Dr. Karin Wiest
Leibniz-Institut für Länderkunde
Schongauerstraße 9
04328 Leipzig
Tel: (0341) 600 55 251
E-Mail: K_Wiest@leibniz-ifl.de

Eigenheimzulage
Mit der Eigenheimzulage wurde von Oktober 1995 bis zum Dezember 2005 die Bildung von selbstgenutztem Wohnungseigentum staatlich gefördert. Sie gilt als eine der größten Subventionsmaßnahmen der Bundesrepublik, deren Effekte stark umstritten waren. Kritisierte wurde insbesondere die damit verbundene indirekte Bezuschussung der Bauwirtschaft sowie die Begünstigung der Landschaftszersiedelung bei gleichzeitig vorhandenen Wohnungsleerständen und demografischer Schrumpfung.

Selbstgenutztes Wohneigentum/Wohneigentumsquoten
Unter selbstgenutztem Wohneigentum werden Immobilien verstanden, die von Eigentümern dauerhaft selbst genutzt werden und den Lebensmittelpunkt des Besitzers bzw. der Besitzerin bilden. Die Wohneigentumsquoten geben den Anteil des von den Eigentümern selbstgenutzten Wohneigentums an allen bewohnten und unbewohnten Wohnungen in Prozent wieder. Nicht berücksichtigt sind Ferien- und Freizeitwohnungen, Diplomatenwohnungen und Wohnungen ausländischer Streitkräfte sowie gewerblich genutzte Wohnungen. Die Berechnung erfolgt für Wohnungen in Wohngebäuden (ohne Wohnheime) (StÄdBL 2017).

Die Wohneigentumsquoten für das Jahr 2011, die in der Karte 1 berücksichtigt wurden, basieren auf der ergänzenden Gebäude- und Wohnungszählung beim Zensus 2011, in der alle 17,5 Millionen Eigentümerinnen und Eigentümer beziehungsweise Verwalterinnen und Verwalter von Häusern und Wohnungen befragt wurden (Vollerhebung). Damit war die Gebäude- und Wohnungszählung die größte Befragung im Rahmen des Zensus 2011 (StÄdBL 2017).

Die Wohneigentumsquoten für die Jahre 1998, 2002, 2006, 2010 und 2014 basieren auf der alle fünf Jahre durchgeführten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes, bei der rund 60.000 private Haushalte in Deutschland befragt werden. Sie zeichnet „ein repräsentatives Bild der Lebenssituation nahezu der Gesamtbevölkerung in Deutschland“ (StBA 2017b).

Neben der wohnungsbezogenen Eigentumsquote gibt es in der amtlichen Statistik die bevölkerungsbezogene (personen- bzw. haushaltsbezogene) Wohneigentumsquote. Die haushaltsbezogene Eigentümerquote bezieht sich auf den Anteil der Haushalte an allen Haushalten, die ein selbstgenutztes Eigenheim bewohnen. Die personenbezogene Wohneigentümerquote spiegelt den Anteil der Personen an der Bevölkerung wider, die in den eigenen vier Wänden leben (Karte 2). Da in Eigentümerhaushalten durchschnittlich mehr Personen leben als in Mieterhaushalten, liegt die personenbezogene Wohneigentumsquote höher als die haushaltsbezogene Quote.