Die Tuberkulose (TB) ist eine durch Bakterien verursachte Infektionskrankheit. Sie ist immer noch weltweit die am häufigsten zum Tode führende übertragbare Erkrankung. Die WHO (World Health Organization/Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen) schätzt die Zahl der 2017 weltweit an TB Erkrankten auf 10 Millionen und die Zahl der an einer TB Verstorbenen auf 1,3 Millionen Menschen (WHO 2018). Allein auf die fünf Länder Indien, China, Indonesien, die Philippinen und Pakistan entfallen 55 Prozent der weltweit geschätzten Neuerkrankungen (WHO 2018).
Auch in Deutschland erkranken immer wieder Menschen an TB. Grundlage für Aussagen zur TB-Epidemiologie in Deutschland sind die an das Robert Koch-Institut gemeldeten Neuerkrankungen. Im Jahr 2017 wurden 5.486 Neuerkrankungen gemeldet; das entspricht einer Inzidenz von 6,7 Neuerkrankten je 100.000 Einwohner (vergl. Karten 1 u. 2, Glossar, RKI 2018).
Bis 2008 war ein stetiger Rückgang der Neuerkrankungen zu beobachten. Nach Jahren der Stagnation stieg ihre Zahl ab 2013 langsam und im Jahr 2015 sehr deutlich wieder an. Diese Entwicklung ist stark beeinflusst durch die weltweiten Migrationsbewegungen, vor allem auf Grund kriegerischer Auseinandersetzungen. Insbesondere in den Jahren 2015 und 2016 war ein Großteil der in Deutschland gemeldeten Neuerkrankungen auf TB-Erkrankungen zurückzuführen, die bei der Erstaufnahmeuntersuchung von Asylsuchenden festgestellt wurden.
Regionale Unterschiede
Karte 1 verdeutlicht, dass die Tuberkulose häufiger in verstädterten Regionen als im ländlichen Raum auftritt (um den Faktor 1,7 erhöht; RKI 2018b). Die Ursache dafür liegt in der Verteilung der Bevölkerung, die ein erhöhtes Risiko hat, an TB zu erkranken. Allgemeine Lebensstilfaktoren und Lebensbedingungen haben Einfluss auf die Allgemeinkonstitution eines Menschen und damit auf das Immunsystem. Bei geschwächtem Immunsystem ist das Risiko für den Ausbruch der Erkrankung erhöht, wenn in der Vergangenheit eine Infektion mit TB stattgefunden hat. Zu den Personen mit einem erhöhten Risiko zählen Drogenabhängige, Alkoholkranke, Obdachlose und sozial benachteiligte Menschen. Auch Migranten und Asylsuchende zählen dazu, da sie häufig aus Ländern kommen, in denen TB weiter verbreitet ist als in Deutschland. Diese Menschen haben sich in der Vergangenheit bereits in ihrem Heimatland mit TB infiziert, und erst viel später bricht die Krankheit dann unter den schwierigen Lebensumständen auf der Flucht und während der unsicheren Lebenssituation in den Ankunftsländern aus.
Für den öffentlichen Gesundheitsdienst gerade in den Großstädten und Ballungszentren ist die hohe Zahl an Tuberkulosefällen eine große Herausforderung. Jeder Einzelfall erfordert umfangreiche Untersuchungen, um möglicherweise aufgetretene Sekundärinfektionen frühzeitig zu erkennen. Häufig gibt es spezielle TB-Beratungsstellen. Zu deren Aufgaben gehören vor allem die Therapiekontrolle sowie die Ermittlung, Untersuchung und Beratung von Personen, zu denen der
Erkrankte Kontakt hatte, um weitere Ansteckungen auszuschließen und zu verhindern (Umgebungsuntersuchung). Diese aufwendigen Aufgaben müssen in kleineren Landkreisen und kreisfreien Städten (vergl. Karte 1) mit deutlich begrenzteren personellen Ressourcen erfüllt werden.
Demographische Merkmale der Erkrankten
Von der Tuberkulose sind in Deutschland vor allem junge Erwachsene mit ausländischer Staatsangehörigkeit betroffen (Grafik 1). Sie haben sich mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits in ihrem Heimatland oder auf der Flucht mit TB infiziert und die Krankheit bricht dann während der Flucht oder später im Ankunftsland aus. Bei Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit nimmt die Häufigkeit der Erkrankung mit dem Alter zu. Häufig haben sich die Personen in jungen Jahren mit TB infiziert, als diese in Deutschland noch weiter verbreitet war. Ist das Immunsystem im Alter ggf. auch bedingt durch eine andere Grunderkrankung geschwächt, kann die TB-Erkrankung ausbrechen.
Auch eine Sozialgeschichte
Die Tuberkulose – früher auch als Schwindsucht bezeichnet – erlebte vor allem seit Mitte des 19. Jahrhunderts eine sehr wechselvolle Wahrnehmung. Zu dieser Zeit etablierten sich die ersten Heilstätten für TB. Die Therapie bestand primär in der Liegekur an der frischen Luft und kam in erster Linie dem wohlhabenden Bürgertum zu Gute. Die körperlich sichtbaren Merkmale der TB (blasse Haut, ausgezehrter Körper) entsprachen dem damaligen morbiden Schönheitsideal und die Erkrankung wurde in dieser Zeit geradezu romantisiert.
Mit zunehmender Industrialisierung und den daraus resultierenden schlechten Lebensbedingungen in den überbevölkerten Städten wurde die Tuberkulose zu einer Erkrankung der Armen und sozial Benachteiligten. TB war eine der Haupttodesursachen zu dieser Zeit (Grafik 2). Ende des 19. Jahrhunderts wurden die ersten staatlichen Tuberkulosefürsorgestellen und das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK; Glossar) eingerichtet. Die Entdeckung des Krankheitserregers durch Robert Koch 1882 (Glossar) und seine Theorie der Übertragung von Bakterien als Grund für die Infektiosität der Erkrankung lieferten die Grundlage für die Bekämpfung der Krankheit – auch wenn zunächst Therapieversuche fehlschlugen. Mit einer deutlichen Verbesserung der Lebensverhältnisse in Deutschland nahm die Zahl der TB-Erkrankten und – Todesfälle signifikant ab, obwohl TB auch zu dieser Zeit noch nicht heilbar war. Erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts steht mit der Entdeckung und der breiten Verfügbarkeit von Antibiotika eine effektive Therapie zur Verfügung. Heute spielt TB als Todesursache eine untergeordnete Rolle (Grafik 2).
Infektion, Erkrankung und Behandlung
Tuberkulose ist eine ansteckende Erkrankung, die durch Mykobakterien verursacht wird. Die häufigste Form der TB ist die Lungentuberkulose. Die Übertragung erfolgt von Mensch zu Mensch, wenn durch z. B. Husten, Niesen oder Sprechen einer an Lungentuberkulose erkrankten Person TB-Bakterien in der Luft verteilt werden. Werden diese Bakterien von einer anderen Person eingeatmet, kann es zu einer Infektion kommen. Die Ansteckungsfähigkeit der Tuberkulose ist im Vergleich zu anderen Erkrankungen, wie zum Beispiel Influenza, allerdings deutlich geringer. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch findet in der Regel nur statt, wenn die Personen mehrere Stunden im selben Raum zugebracht haben und die infizierte Person stark hustet. Eine Infektion bedeutet nicht, dass die Erkrankung auch ausbricht. In den meisten Fällen bleibt es bei einer sog. latenten TB-Infektion, d. h. es treten keinerlei Krankheitssymptome auf. Nur etwa 5 bis 10 Prozent der Infizierten erkranken an einer aktiven TB. Heute ist TB in Deutschland so selten, dass sie häufig erst spät erkannt wird. Außerdem gibt sie sich nicht durch typische Anzeichen zu erkennen, sondern äußert sich oft nur durch allgemeine Beschwerden wie langanhaltender Husten, Gewichtsabnahme, Müdigkeit und nächtliches Schwitzen. Ist eine Person an TB erkrankt, wird sie dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet (Glossar). Mit der richtig durchgeführten antibiotischen Behandlung werden Tuberkulosekranke in den meisten Fällen zuverlässig geheilt. Die Behandlung dauert in der Regel aber mindestens sechs Monate.