Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft der Bundesrepublik Deutschland basiert in hohem Maße auf wissens- und technologieintensiven Gütern und ist von ständigen Innovationen und Weiterentwicklungen abhängig. Nicht zuletzt deshalb besteht in der Gesellschaft ein breiter Konsens darüber, dass Bildung und Wissenschaft stärker gefördert werden müssen. In den letzten Jahren wurde vor allem die außeruniversitäre Forschung ausgebaut.

Forschung und Entwicklung (FuE) werden in Deutschland immer wichtiger als Sektor für hochqualifizierte Beschäftigung. Von 2000 bis 2010 stieg die Zahl der FuE-Beschäftigten von 485.000 auf 549.000 Vollzeitäquivalente (GWK 2013, S. 12; Glossar) und die Gesamtausgaben von rund 50 Mrd. auf annähernd 70 Mrd. Euro. Das entspricht einer Zunahme von 38 Prozent. Der FuE-Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP; Glossar) erhöhte sich damit von 2,5 auf 2,8 Prozent (GWK 2013, S 9).

Insgesamt wurden 2010 in Deutschland rund 88 Mrd. Euro für Wissenschaft ausgegeben (BMBF 2013a). Davon trug die Wirtschaft 54 Prozent, die öffentlichen Haushalte (Bund und Länder) rund 45 Prozent. Eigeneinnahmen der wissenschaftlichen Einrichtungen und Ausgaben von Stiftungen machten rund ein Prozent aus. Die Verteilung der Ausgaben der öffentlichen Hand ist im Grundgesetz (Art. 91 a und b GG) geregelt: Hochschulfinanzierung ist Angelegenheit der Länder, die rund 90 Prozent (19,6 Mrd. Euro) ihrer Ausgaben für Wissenschaft dafür verwendeten (zur Hochschullandschaft s. Lentz 2012). Der Bund dagegen förderte mit rund 9,4 Mrd. Euro (ca. 75 Prozent seiner FuE-Ausgaben) außeruniversitäre Forschungseinrichtungen (BMBF 2013b).

Die wachsenden Ausgaben für die Forschung sind ein international verbreitetes Phänomen. Hintergrund dieser Entwicklungen ist in der EU die sogenannte Lissabon-Strategie. Auf dem Sondergipfel von Lissabon in 2000 beschloss der Europäische Rat, die EU bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu entwickeln. Angenommen wurde, dass ein verstärktes Engagement in der Forschung die Innovationsfähigkeit stärken würde. Daher sollten in der EU bis 2010 3,0 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung aufgewendet werden. Deutschland lag mit 2,88 Prozent 2011 oberhalb des EU-Schnitts von rund 2 Prozent (Eurostat 2012, S. 32).

Vier große Forschungsorganisationen und die Akademien der Wissenschaften bestreiten den größten Teil der öffentlich geförderten, außeruniversitären Forschung in Deutschland (Karte 1). Institute der Max-Planck-Gesellschaft (Karte 2), derzeit 82 mit rund 17.000 Mitarbeitern, werden eingerichtet, um Personal und Geräte für besonders innovative Grundlagenforschung bereitzustellen, nicht zuletzt, weil zukunftsweisende Forschungsfelder häufig an den Schnittstellen von klassischen Disziplinen entstehen. Die Fraunhofer-Gesellschaft (Karte 3) konzentriert sich auf Auftragsforschung und arbeitet zur Umsetzung ihrer Ergebnisse entsprechend eng mit der Wirtschaft und der öffentlichen Hand zusammen. Mit derzeit 62 Instituten und rund 23.000 Mitarbeitern ist sie Europas größte Organisation für anwendungsorientierte Forschung. Etwa 30 Prozent ihres Etats geben Bund und Länder als Grundfinanzierung, 70 Prozent kommen aus der Vertragsforschung. Die Leibniz-Gemeinschaft (Karte 4) besteht aus 89 selbständigen wissenschaftlichen Einrichtungen (rund 17.000 Mitarbeiter), die ein breites Spektrum wissenschaftlicher Disziplinen abdecken, darunter Forschungsinstitute und wissenschaftliche Infrastrukturen, sowie – eine Besonderheit – Forschungsmuseen. Sie betreiben Grundlagenforschung, die für Anwendungen besonders offen
sein soll, um zu wichtigen gesellschaftlichen Problemen Lösungen beizutragen. Ebenso wie Max-Planck-Institute erhalten die meisten Leibniz-Einrichtungen ihre Grundfinanzierung je zur Hälfte von Bund und Ländern. Mit rund 36.000 Mitarbeitern (davon rund ein Drittel Wissenschaftler) und einer öffentlichen Förderung von 2,2 Mrd. Euro (90 Prozent Bund, 10 Prozent Länder) ist die Helmholtz-Gemeinschaft (Karte 5) die größte der vier Organisationen und wirbt, wie alle anderen auch, einen wichtigen Teil ihres Budgets als Forschungsdrittmittel (Glossar) ein. Ihre 18 Zentren betreiben besonders aufwendige, langfristig thematisch gesteuerte Forschung, zu der beispielsweise Großgeräte notwendig sind; nicht zuletzt deshalb sind Helmholtz-Zentren begehrte Gastgeber für viele Wissenschaftler aus der ganzen Welt.

Da vor allem die wirtschaftsbasierte Forschung und Entwicklung in den ostdeutschen Ländern nach wie vor noch unterdurchschnittliche Werte aufweist (vgl. BMBF 2013, S. 12), hat die öffentlich geförderte Forschung auch eine wichtige entwicklungspolitische Funktion, indem sie hochqualifizierten Erwerbstätigen in den Regionen attraktive Arbeitsplätze bietet. 1991 waren in den ostdeutschen Ländern (einschließlich Ost-Berlin) noch fast 83.000 Personen in FuE-Bereichen beschäftigt (Vollzeitäquivalente); die Zahl sank bis 1995 auf rund 57.000. Anschließend stieg sie mit Schwankungen bis heute (knapp 89.000) an. Das entspricht etwa den FuE-Beschäftigen von Nordrhein-Westfalen und liegt noch weit unter den Zahlen von Bayern (106.700) und Baden-Württemberg (ca. 123.000), wo die von Unternehmen betriebene Forschung und Entwicklung besonders stark ist (BMBF 2013c).

Betrachtet man die räumliche Streuung der Forschungseinrichtungen insgesamt (Karten 1-5), so fällt ihre hohe Übereinstimmung mit den Verdichtungsräumen bzw. Metropolregionen auf. Besondere Konzentrationen gibt es darüber hinaus an traditionsreichen bzw. großen Universitäts-/Hochschulstandorten (Sternberg 2002), was einen kleinen Einblick in die Absichten der Wissenschaftspolitik gibt: Die außeruniversitäre Forschung kann – wenn die Kooperation mit den Hochschulen funktioniert – die Leistungsfähigkeit an Wissenschaftsstandorten verstärken.

BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) (Hrsg.) (2012). Bundesbericht Forschung und Innovation 2012. Bonn, Berlin.

BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) (Hrsg.) (2013a): Bundesbericht Forschung und Innovation/ Portal-Tabelle 1.4.1. Wissenschaftsausgaben der Bundesrepublik Deutschland. URL: www.datenportal.bmbf.de/portal/de/Tabelle-1.4.1-BuFi20.html
Abrufdatum: 10.02.2014.

BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) (Hrsg.) (2013b): Bundesbericht Forschung und Innovation/ Portaltabelle 1.4.2. Wissenschaftsausgaben der öffentlichen Haushalte nach Aufgabenbereichen und Finanzierungsquellen.URL: www.datenportal.bmbf.de/portal/de/Tabelle-1.4.2-BuFi21.html
Abrufdatum:10.02.2014.

BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) (Hrsg.) (2013c): Bundesbericht Forschung und Innovation/ Portaltabelle 1.7.3: FuE-Personal der Bundesrepublik Deutschland insgesamt in regionaler Aufteilung. URL: http://www.datenportal.bmbf.de/portal/de/Tabelle-1.7.3.html (aktualisiert 05/2013).
Abrufdatum: 11.02.2014.

BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) (Hrsg.) (2013d): Bildung und Forschung in Zahlen 2013. Ausgewählte Fakten aus dem Daten-Portal des BMBF.

Eurostat (Hrsg.) (2012): Science, technology and innovation in Europe. (Pocketbooks. Theme, Science and technology). Luxembourg.

GWK (Gemeinsame Wissenschaftskonferenz) (Hrsg.) (2013): Steigerung des Anteils der FuE-Ausgaben am nationalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Teilziel der Lissabon-Strategie und der Strategie Europa 2020. Abschlussbericht zum 3 %-Ziel der Lissabon-Strategie 2000 bis 2010 und Sachstandsbericht zum 3 %-Ziel der Strategie Europa 2020; Bericht an die Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern (Materialien der GWK, H. 31). Bonn.

LENTZ, Sebastian (2012): Deutsche Hochschullandschaft und Universitätsstädte. In: Nationalatlas aktuell 6 (09.2012) 10 [18.09.2012]. Leipzig: Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL).
URL: http://aktuell.nationalatlas.de/Hochschullandschaft.10_09-2012.0.html

STERNBERG, Rolf (2002): Außeruniversitäre Forschung im Überblick. In: Mayr, A. und M. Nutz (Hrsg.): Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland, Bd. 6, Heidelberg, Berlin; S. 88-89.
URL: http://archiv.nationalatlas.de/wp-content/art_pdf/Band6_88-89_archiv.pdf

Zitierweise
Lentz, Sebastian (2014): Außeruniversitäre Forschung in Deutschland. In: Nationalatlas aktuell
8 (03.2014) 2 [04.03.2014]. Leipzig: Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL).
URL: http://aktuell.nationalatlas.de/Forschung.2_03-2014.0.html

Prof. Dr. Sebastian Lentz
Direktor
Leibniz-Institut für Länderkunde
Schongauerstr. 9
04328 Leipzig

Tel.: (0341) 600 55 107
E-Mail: s_lentz@leibniz-ifl.de

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist der Gesamtwert aller Güter, d.h. Waren und Dienstleistungen, die in einem bestimmten Zeitraum innerhalb einer definierten Region erzeugt werden. Meist wird das BIP für nationale Volkswirtschaften ermittelt, aber auch regionale BIPs werden errechnet; als Berechnungszeitraum wird häufig ein Kalenderjahr verwendet. Das BIP bezieht sich auf die Produktion innerhalb des Territoriums der jeweiligen Region oder des Landes.

Das Vollzeitäquivalent (VZÄ) ist eine rechnerische Größe, mit der die Beschäftigungsverhältnisse aller Beschäftigten – Teilzeit wie Vollzeit – auf die volle Arbeitszeit umgerechnet werden. Je nach zeitlicher Bezugsgröße spricht man auch beispielsweise von Personenmonaten oder Personenjahren. VZÄ werden verwendet, wenn bei sehr unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen die volkswirtschaftlichen Effekte (z. B. Einkommen und regionale Kaufkraft) allein mit Hilfe der Zahl der Erwerbstätigen nicht ausreichend dargestellt bzw. abgeschätzt werden können. Da im Wissenschaftsbereich ein großer Anteil der Doktoranden nur in Teilzeit beschäftigt ist, sind Angaben in VZÄ hier besonders sinnvoll, um Angaben zu erhalten, die mit anderen Branchen vergleichbar sind.

Forschungsdrittmittel
Öffentliche Forschungseinrichtungen erhalten in Deutschland eine Grundfinanzierung aus öffentlichen Budgets. Sie sind in der Regel gehalten, diese Basis durch die eigenständige Einwerbung von weiteren Geldern, die zur Durchführung von Forschungsprojekten verwendet werden, aufzustocken. Diese Mittel werden aus der Perspektive der Haushaltsführung als Drittmittel bezeichnet. Die Höhe der eingeworbenen Drittmittel ist eines von mehreren Kriterien, an denen die Leistungsfähigkeit von Forschungseinrichtungen und -organisationen gemessen wird, da sie häufig im wissenschaftlichen Wettbewerb eingeworben werden und den Einrichtungen ermöglichen, zusätzliche Projekte durchzuführen.