Die Karte zu den Hochschulen und ihren Organisationsformen (Karte 1) zeigt auf den ersten Blick ein hochkomplexes Bild. Sichtbar wird, dass es eine Vielzahl von Hochschulträgern und Hochschulformen in allen Regionen Deutschlands gibt: Berücksichtigt wurden insgesamt 559 Hochschulstandorte einschließlich Nebenstandorte von Universitäten, Pädagogischen Hochschulen, Theologischen Hochschulen, Kunsthochschulen, Fachhochschulen und Verwaltungsfachhochschulen. Universitäten sind überwiegend in größeren Städten angesiedelt. Sie stärken die Stellung der Städte als bedeutende Zentrale Orte in einer Gesellschaft, die sich als Wissensgesellschaft versteht.
Große Städte haben manchmal sogar mehrere Universitäten, oft aber zudem noch Fachhochschulen, Kunst- und Verwaltungsfachhochschulen. Für Deutschland ist darüber hinaus der Typ der mittelgroßen Universitätsstadt typisch, die nicht unbedingt in den wirtschaftlichen Ballungszentren liegt (Lentz 2012). Außerdem wird sichtbar, dass staatliche und private Hochschulträger in allen Bundesländern vertreten sind, während kirchliche Hochschulen schwerpunktmäßig im Süden und Westen zu finden sind.
Fachhochschulen als Orte einer praxisnahen Hochschulbildung sind in den 1970er Jahren in vielen strukturschwachen Regionen angesiedelt worden (Kujath/Krupa 2009). Diese räumliche Verteilung zeigt an, dass Hochschulen einen wichtigen Bestandteil der Daseinsvorsorge der Länder darstellen. Angesichts der deutschlandweiten Mobilität von Studierenden (Nutz 2002; KMK 2011) und Absolventen haben Universitäten zwar auch Bedeutung in der nationalen Bildungspolitik: Hier werden einerseits Arbeitskräfte ausgebildet, von denen die zukunftsfähige Eigensteuerung der gesamten Gesellschaft erwartet wird. Aber andererseits werden ihnen auch wichtige regionale Effekte zugeschrieben: Von hier soll der qualifizierte Nachwuchs kommen, der beispielsweise das in Länderhoheit befindliche Schulwesen funktionsfähig hält wie auch einen zeitgemäßen öffentlichen Dienst garantiert.
Aber auch privatwirtschaftliche Unternehmen in der Region sollen durch bestens ausgebildete Arbeitskräfte innovationsfähig gemacht oder Teile der Gesundheitsversorgung zeitgemäß reformiert werden (Audretsch/Lehmann 2004). Schließlich sind Hochschulen durch ihren finanziellen Umsatz sowie ihren unmittelbaren Arbeitsmarkt auch wichtige lokale und regionale Wirtschaftsfaktoren (Glückler/König 2011; Lentz 2012).
Dynamische Entwicklungen im privaten Sektor
In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich die deutsche Hochschullandschaft durch die steigende Zahl privater Hochschulen weiterentwickelt und ist vielfältiger geworden. Mittlerweile befindet sich fast ein Viertel aller Hochschulen in privater Trägerschaft. Kirchliche Organisationen unterhalten weitere 43 Hochschulen (StBA 2012; Wissenschaftsrat 2012, S. 32).
Politischer Hintergrund ist eine staatlicherseits gewünschte Zunahme der Zahl der Hochschulabsolventen, damit Deutschland in einer wissensbasierten Wirtschaft auch weiterhin global wettbewerbsfähig bleibt (Straubhaar 2001). Dazu sind sowohl stärker differenzierte Bildungsinhalte als auch neue Bildungsformate nötig. Hinzu kommt eine Zunahme von potenziellen Studenten durch die Verkürzung der „Haltbarkeit“ berufsbezogenen Wissens, die ein ständiges („lebenslanges“) Lernen und Weiterqualifizieren, also Fortbildungen oder sogar ein weiteres Studium erforderlich macht. Als Hintergrund dieser Entwicklung wird der globale Wettbewerb um Wissensvorsprünge angeführt, der eine international ausgerichtete Forschung erfordert. Ebenso wichtig ist eine Ausdifferenzierung und Ausrichtung auf neue Berufsbilder, die sich nicht mehr an klassischen Ausbildungs- und Studiengängen orientieren. So profilieren sich die Hochschulen auf dem heimischen Bildungsmarkt und werben zugleich international um Studenten und renommierte Wissenschaftler (Forscher).
Die Bundesländer allein sehen sich außerstande, diesen Ausbau zu leisten, auch wenn in den letzten zehn Jahren von staatlicher Seite vermehrt Fachhochschulen und Berufsakademien mit dem Hochschulprädikat versehen wurden. Die Effekte dieser Politik sind besonders in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen sichtbar.
Ein wichtiger Schritt zur Diversifizierung der Hochschullandschaft war deshalb die Preisgabe des staatlichen Hochschulmonopols. Seitdem, vor allem nach 1997 haben sich mit staatlicher Anerkennung 19 privat getragene Universitäten/Hochschulen etabliert sowie rund 120 private Fachhochschulen (Sperlich 2008, S. 130; Frank u.a. 2012; Karte 2 und Graphik). Sie verteilen sich ungleichmäßig im Bundesgebiet: Schwerpunkte sind in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Berlin ausgebildet. In weiten Teilen Westdeutschlands sowie in Thüringen und Sachsen sind sie zudem recht gleichmäßig vertreten, während es in den weiteren ostdeutschen Ländern nur wenige Standorte mit privaten Hochschulen oder Fachhochschulen gibt. In Bayern schließlich gibt es eine starke Konzentration auf München und sein Umland. An den insgesamt 150 privaten Hochschulen waren im Wintersemester 2010/2011 rund 134.000 Studierende (sechs Prozent aller Studierenden) eingeschrieben (StBA 2012; Wissenschaftsrat 2012, S. 8 u. 87).
Karte 3 schließlich zeigt, dass die Gründungsdynamik privater Hochschulen offensichtlich ungebrochen ist. Zwar entstand die Mehrzahl der Einrichtungen zwischen 2000 und 2009, aber allein in den drei Jahren von 2010 bis Ende 2012 sind schon wieder 21 private Hochschulen hinzugekommen: Die Hälfte von ihnen sind Wirtschaftshochschulen und jeweils ein Viertel kann man dem Bereich Gesundheit sowie dem Bereich Kunst, Mode und Musik zuordnen.